19.02.2010

"Wir wollen für politische Prozesse begeistern.“ Jugendliche organisieren den Dialog für Jugendliche

Stefan Sedlmair, 22 Jahre, und Marko Feldmann, 21 Jahre, kommen von der "Jugendinitiative Demokratie e.V." in Dresden. Sie stürzten sich 2009 in ein bundesweites Abenteuer und organisierten einen europapolitischen "Jugendtag".

JfE: Was ist die "Jugendinitiative Demokratie"?

Marko Feldmann: Die Jugendinitiative Demokratie e.V. gibt es seit 2006. Wir haben uns aus einer Gruppe von Schülern gegründet und sind jetzt gerade auf dem Weg, die freie Trägerschaft anerkannt zu bekommen. Wir organisieren partizipative Projekte für Jugendliche. Wir versuchen über Kongresse, Podiumsdiskussionen, U18 Wahlen - Probewahlen mit unter 18-jährigen - Jugendliche für Politik zu begeistern.

Macht ihr das hauptberuflich oder ehrenamtlich?

Wir arbeiten alle ehrenamtlich. Wir  sind zurzeit 15 Mitglieder, also relativ überschaubar. Aber wir werden stärker und haben jetzt auch neue Mitglieder gewonnen. Unsere Motivation ist, dass wir immer was bewegen wollen in unserer Gesellschaft, dass wir uns engagieren wollen für die Jugendlichen, indem wir gemeinsam Projekte durchführen.

Marko Feldmann: Wir haben selbst in der Schule festgestellt, dass der Unterricht in  Gemeinschaftskunde – so heißt das in Sachsen - nicht unbedingt förderlich ist, um Leute zu motivieren, sich politisch zu interessieren.  Das ist zwar eine Grundlage in politischer Bildung, aber wir haben gesagt, wir wollen darüber hinaus versuchen, Leute für politische Prozesse zu begeistern – so dass die nicht nur stupiden Unterricht über sich ergehen lassen müssen.

Und ein Weg war jetzt so ein Jugendtag, wie Ihr ihn veranstaltet habt?

Genau, und der ist gefördert worden über die Aktion 5.1 durch JUGEND IN AKTION. Wir wollten eine Plattform bieten für Jugendliche, die sich noch nicht oder wenig engagiert haben. Unser Thema war "Auf nach Europa -Vereint in die Zukunft". Wir wollten schauen, was wissen wir schon und was können oder was wollen wir auf Europaebene bewegen? Wir haben zu fünf verschiedenen Schwerpunktthemen diskutiert, haben Forderungen formuliert und versucht mal zu schauen, was gibt’s denn noch für andere Jugendliche in Deutschland, die sich vielleicht auch für die gleiche Sache stark machen wollen.

Auf welchem Weg habt Ihr die Jugendlichen angesprochen?

Stefan Sedlmair: Wir haben über die Schülerräte, die Schülervertretung, Jugendliche in Schulen angesprochen, auch Schulleiter angeschrieben oder Fachlehrerinnen und -lehrer. Wir haben stichprobenartig cirka 300 Schulen in ganz Deutschland angefragt. Davon haben dann ein Drittel geantwortet, die dann mit Gruppen angereist sind, teilweise auch mit Lehrkräften.

Marko Feldmann: Es sind 90 Leute aus ganz Deutschland gekommen. Es war natürlich logistisch ein Problem, Fahrtkosten und alles andere zu organisieren. Aber ich behaupte mal kühn, wenn wir das nur in Dresden gemacht hätten, oder in Sachsen, wäre die Teilnehmerzahl geringer gewesen. Und so war das eine spannende Sache. Denn obwohl wir in einem Land leben, sind wir einfach alle ein bisschen unterschiedlich. Wir haben eine große Kontaktbörse-Wand gemacht, wo sich alle vorstellen konnten. Darüber gab es einen ziemlich regen Austausch: Ah, wo kommt der her? Mit dem kann ich vielleicht auch mal quatschen. Es gab Austausch über Projekte oder Planungen, was man angehen kann in den Schulen oder auch über private Beziehungen.

Und lief das mit der Politik?

Marko Feldmann: Es ist uns gelungen, Politiker einzuladen. Wir haben die Bundesvorsitzende der Jusos da gehabt. Die hat sehr engagiert erzählt, wie sie selbst zur Politik gekommen ist. Das war überzeugend, auch, weil sie selbst noch relativ jung ist.

Stefan Sedlmair: Und sie hat erläutert, was sie zurzeit tut. Das war eine dringende Frage, die die Jugendlichen interessierte. Das war ganz spannend. Und dann haben wir eine Podiums- und Plenumsdiskussion zu Europa mit den Landesvorsitzenden der Jugendorganisation der Parteien im Landtag organisiert. Außer der NPD, die wir ja leider im sächsischen Landtag haben. Und am Sonntag war der Vorsitzende des Jugendausschusses im Landtag da. Mit dem wollen wir auch in der Vorbereitung für den nächsten Kongress etwas zusammen machen.

Wie strukturiert war denn dieser Dialog?

Marko Feldmann: Das war uns damals, bei der Planung, vielleicht noch nicht ganz so klar wie es inzwischen ist. Wir haben uns damals genau überlegt, welche Methoden wir einsetzen können, die effektiv und organisatorisch umsetzbar sind. Jetzt stellt sich die kritische Frage nach der Nachhaltigkeit dessen, was wir auf die Beine gestellt haben. Wir haben versucht, Jugendliche zu animieren in ihren Regionen mit ihren Politikern Kontakt aufzunehmen, ihre Abgeordneten anzusprechen, ihnen ihre Vorstellungen und diese knallharten Fakten, die wir ausgearbeitet haben, zu präsentieren. Das ist uns nicht so gelungen, weil wir ja dort auch nicht vor Ort sind und Unterstützung geben können. Das haben wir am Anfang vielleicht nicht so gesehen.

Was nehmt Ihr aus der heutigen Veranstaltung mit?

Marko Feldmann: Ich nehme heute aus der Veranstaltung mit, dass wir nächstes Jahr anders rangehen könnten. Wir könnten mit anderen Organisationen zusammenarbeiten, die die Ergebnisse vor Ort weiter nutzen können. Es gibt ja Organisationen, die viel stärker vernetzt sind als wir. Schon dadurch würde unsere Veranstaltung nachhaltiger. Das wird eine Herausforderung fürs nächste Jahr.

Stefan Sedlmair: Es war auch schwer, als junger Verein die Anerkennung und das Vertrauen zu bekommen, ein so großes Unternehmen – auch finanziell – zu stemmen. Das brauchte halt ein wenig Zeit und da wir immer noch ehrenamtlich arbeiten, war das auch recht viel Arbeitsaufwand. Aber wir haben inzwischen Fortschritte gemacht, haben in Dresden und anderswo schon ganz viele Partner gewonnen. Ich denke, da sind wir auf einem guten Weg. Wir werden es 2010 wieder machen. Dieses Mal nutzen wir den Pool von Partnern, den wir langsam aufgebaut haben.

Dann wünschen wir Euch viel Glück!

(Das Interview führte Dr. Helle Becker, Expertise & Kommunikation, im Auftrag von JUGEND für Europa)

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