24.06.2011

"In Europa bekommt doch jede Kuh mehr Geld von der EU als ein Jugendlicher"

Die EU-Abgeordnete Franziska Brantner ist zu Gast bei "jugend in aktion rockt" in Mannheim.

Franziska Brantner spricht die Sprache der Jugendlichen. Im Innenhof des "cafga im jungbusch", einem Mannheimer Café in Hafennähe, präsentiert sich die 31-jährige Europaabgeordnete der Grünen in guter Form. Noch immer seien die Ausgaben für das EU-Programms JUGEND IN AKTION "peanuts" im Vergleich zu den Agrarsubventionen in der EU, sagt Brantner und legt nach: "In Europa bekommt doch jede Kuh mehr Geld von der EU als ein Jugendlicher."

Lust machen auf einen Europäischen Freiwilligendienst

Das saß. Die Gäste applaudieren, allen voran die 25-jährige Olivia Metzendorf, die mit ihren vier EuroPeer-Mitstreiterinnen von Freiburg bis Darmstadt diesen Abend organisiert hatte. Unter dem Motto "jugend in aktion rockt" hatten die jungen Damen zu ihrer Veranstaltung während der Europäischen Jugendwoche eingeladen.

Lust machen auf den EFD und andere Mobilitätsprogramme, das hatte sich Olivia auf die Fahnen geschrieben. Und so glaubte man der charmant und moderationssicher auftretenden Studentin der Sozialen Arbeit auch nur allzu gerne, wie herausfordernd es während ihres Freiwilligendienstes in Portugal gewesen sein muss, junge Menschen in einem 1000 Einwohner zählenden Land-Kaff vom Auswandern an die Küste abzuhalten.

"Mehr Geld für ein eigenständiges Jugendprogramm"

Franziska Brantner gefällt diese Art von Engagement. Schon während ihrer Schulzeit am Deutsch-Französischen Gymnasium in Freiburg machte sich die promovierte Politologin und Volkswirtin für einen Jugendgemeinderat und ein Kulturzentrum stark. Von dort ging es über die Grüne Jugend dann steil bergauf. Auch an diesem Abend gibt sich Brantner kämpferisch. Sie macht keinen Hehl daraus, dass sie das Programm JUGEND IN AKTION gerne dauerhaft stärker finanziell ausstatten würde. Als eigenständiges Programm.

EuroPeers im cafga"Zehn Prozent mehr Geld für 2012 sind ein guter Anfang, aber wir brauchen mehr Unterstützung für solche Projekte. Teilhabe ist für mich nicht nur der Bau eines Kickplatzes oder eines Mädchenzentrums. Jugendliche sollten sich in allen gesellschaftlich relevanten Feldern beteiligen können. Eine Beschränkung auf rein klassische Jugendthemen ist mir jedenfalls zu wenig."

Die Europäische Jugendstrategie hält die grüne Politikerin für sinnvoll. Gleichzeitig warnt sie vor einer zu engen Fokussierung auf den Arbeitsmarkt. "Das Schlüsselwort ist und bleibt die Teilhabe", so Brantner.

"Internetangebote der EU sind grauenvoll"

Neben ihr sitzt der Grüne Mannheimer Stadtrat Gerhard Fontagnier auf dem Podium. Auch er würde in seiner Stadt, wie er selbst sagt, gerne mehr in Sachen Jugendbeteiligung "rocken". "Die Stadt tut zu wenig für die Partizipation. Es gibt kein Jugendparlament", sagt Fontagnier und fordert die Politiker auf, die Jugendlichen in den Medien abzuholen, in denen sie auch wirklich unterwegs sind.“

Franziska Brantner stimmt zu. "Wenn ich mir die Internetangebote der EU heute anschaue, kann ich nur sagen: grauenvoll. Das ist Web 1.0. Irgendjemand müsste den Verantwortlichen mal sagen, dass wir inzwischen das Web-3.0-Zeitalter erreicht haben." Brantner wünscht sich ein Netz zum Mitmachen, intelligente interaktive Angebote. "Doch dann heißt es immer, das ginge aus Datenschutzgründen nicht. Das ist nicht mehr zeitgemäß."

Fehlendes Vertrauen der Politik in junge Menschen

Nach einer knappen Stunde und dem von Brantner eilig noch hinterhergerufenen "Macht künftig einfach das, worauf ihr Bock habt", ist Schluss. Zurück bleiben Gäste wie Alicia Geugelin, eine 23-jährige Musikstudentin, die Benefiz-Konzerte veranstaltet und "jetzt wieder einmal gesehen hat, wie wichtig es ist, doch einfach mit seinem eigenen Projekt anzufangen.

Und auch für Lena Przibylla (26) hat sich die Anreise aus dem Breisgau offenbar gelohnt. "Wir wollen in Freiburg ein Kunst- und Kulturzentrum aufziehen. Auch ein Europa-Büro ist geplant. Da ist es gut zu sehen, was man mit EuroPeers alles auf die Beine stellen kann." Nachwuchsprobleme und Politikverdrossenheit bei Jugendlichen hat Lena nicht festgestellt, stattdessen eher fehlendes Vertrauen der Politik in die jungen Menschen.

Als am späten Abend dann noch die Mannheimer Indierock-und Hip-Hop-Band „Luis & Laserpower“ Lieder wie "Deine Füße wollen nicht mehr lange still stehen" auf die Bühne schmettert, hat Europa für diesen Abend einen würdigen Abschluss gefunden. Franziska Brantner wird zwar nicht mehr unter den Tanzwütigen gesichtet. Zur guten Laune hat sie aber allemal beigetragen. Europa ist eben doch noch nicht out.

(Text: Marco Heuer, Fotos: Olivia Metzendorf)

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Die Veranstaltung "jugend in aktion rockt" war Teil der Europäischen Jugendwoche 2011. In Deutschland lautete das Motto "JUGEND IN AKTION wirkt!". Mehr dazu...

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