30.06.2020

MOVE IT Online BarCamp: Interview mit Michele di Paola zu Videospielen im Bildungsbereich

Michele di PaolaWelche Themen bewegen? Interviews mit Anbieter/-innen der selbstorganisierten Sessions des MOVE IT Online BarCamp

Sechs der insgesamt 14 Anbieter/-innen der MOVE IT Online BarCamp-Sessions haben auf unsere Interviewanfrage geantwortet und erzählen von ihren Erfahrungen (weitere Interviews siehe unten).

MOVE IT: Herr Di Paola, Sie arbeiten bei der Organisation Spazio Giovani im italienischen Monza. Beim MOVE IT Online BarCamp haben Sie eine Session mit dem Titel „Videospiele im non-formalen Bereich“ angeboten. Wie kam es dazu?

Michele Di Paola: Ich trage die Verantwortung für unsere digitale Medienbildung und habe die Aufgabe, passende Aktivitäten zu entwickeln. Ich arbeite aber auch als freiberuflicher Trainer dazu, wie digitale Medien und online spaces im non-formalen Bereich eingesetzt werden können. Die Rolle von Videospielen ist für mich schon seit einigen Jahren ein Thema. Ich denke, sie sind immer noch ein überwiegend unerforschtes Feld in der Jugendarbeit – auch wenn immer mehr interessante Produkte und Konzepte genutzt werden könnten.

Hinsichtlich ihrer Budgets können Videospiele immer öfter mit Hollywood-Filmen mithalten und haben weltweit Einfluss auf Jugendliche.

Genau. Sie sind eine der wenigen digitalen Umgebungen, in denen es recht einfach ist, Emotionen zu erkennen, zurückzumelden und auch zu spüren – sei es Wut darüber, dass man ein Spiel verloren hat, sich über einen Gewinn freut oder Überraschung verspürt, wenn es eine unerwartete Wendung gibt. Ich denke, Emotionen sind mit am schwierigsten zu aktivieren in der Online-Jugendarbeit und digitalen Projekten.

Was hat sich denn in der MOVE IT Online BarCamp-Session gezeigt?

Der Wissensstand zum Thema war sehr unterschiedlich. In der kurzen Zeit, wie der Session, ist es immer schwierig, alle auf einen Stand zu bringen. Da wir eine digitale Kluft erleben, kamen wir ganz unabhängig von den Videospielen schnell zu der Frage, wie potenzielle Teilnehmende mit einbezogen werden können – auch Kostenfragen spielen da natürlich eine Rolle. Wir konnten uns darauf einigen, dass diese Themen in zukünftigen Projekten mehr Berücksichtigung finden müssen. Es ist vermutlich an der Zeit, breitere Projekte zu nutzen, um eigene Videospiele oder Tools zu produzieren, wie es in den vergangenen Jahren schon mit Lern- und Brettspielen und Kartenspielen geschehen ist.

Haben sich in der Diskussion denn Vorschläge herauskristallisiert?

Als kurzfristige Lösung haben wir über Online-Multiplayer-Spiele anstelle von Video-Konferenz-Software als „Ort” für non-formale Projekte und Aktivitäten gesprochen. Als langfristige Strategie zur Erprobung haben wir uns darauf geeinigt, Kontakte auszutauschen und etwas Zeit in solchen Online-Spielen zu verbringen, um die Möglichkeiten und Grenzen besser zu verstehen. Ein Anfang könnte etwa das Survival-Spiel Fortnite sein, das sehr bekannt ist. Man kann es kostenlos auf vielen verschiedenen Geräten spielen.

Was bedeutet digitale Jugendmobilität denn für Sie persönlich?

Ich bin ein großer Fan der Digitalisierung, aber ich denke nicht, dass es so etwas gibt wie digitale Mobilität. Digitale Räume definieren sich durch die Abwesenheit von Körpern. Das ist ihre größte Stärke und Schwäche zugleich! Bei Mobilität im Bereich Bildung geht es für mich definitiv um Körper, denn so eine Lernerfahrung ist erst komplett, wenn sie das physische Bewegen aus der Komfortzone, weg von der Familie, der Heimat und eine Konfrontation mit neuen Gewohnheiten, Sprachen, Landschaften, Kulturen umfasst.

Definieren könnte man es daher als ein Programm an Aktivitäten, das jungen Menschen an verschiedenen Orten die Möglichkeit gibt, miteinander mittels digitaler Medien in Kontakt zu treten. Es ist möglich, etwas gemeinsam herauszufinden, zu kreieren oder zu entwickeln, aber: als Vorbereitung auf eine folgende physische Mobilität, die den Jugendlichen, oder zumindest einer Delegation die Chance gibt, sich persönlich zu treffen.

Eine letzte Frage: Die Region, in der Spazio Giovani sitzt, war besonders von der Pandemie betroffen. Wie waren Sie auf die daraus resultierenden Schwierigkeiten eingestellt?

Was die interne Organisation angeht, haben wir schon vor einem Jahr eine Plattform für das ortsunabhängige Arbeiten etabliert. Der Lockdown war sehr stark und sehr lang. Wir mussten eruieren, bevor wir eine Plattform ausgewählt haben, die die einfachste war. Da war viel Ausprobieren dabei, um ein Modell zu finden, das non-formalen Zugängen und Aktivitäten gerecht wird. Zu diesem Ansatz gehört, dass die Zeit der Aktivität kurzgehalten wird, dass spielerische Tools eingesetzt werden und Inklusion und Privilegien immer mitgedacht werden.

Lisa Brüßler für MOVE IT / JUGEND für Europa
(Foto: Privat)

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Alle Interviews zum MOVE IT Online BarCamp

Eine PDF-Version aller Interviews (Deutsch / Englisch) und visuelle Zusammenfassungen von 11 Sessions des MOVE IT Online BarCamp finden Sie bei www.jugendfuereuropa.de/veranstaltungen/MOVE-IT. Die in den Interviews getätigten Aussagen entsprechen ausschließlich den Meinungen der Interview-Teilnehmer/-innen.

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