11.07.2013

"Youthpass kann auch jenseits der Internationalen Jugendarbeit als Vorbild dienen"

Sechs Jahre nach Einführung des Youthpass hat die EU-Kommission die Ergebnisse der Wirkungsstudie vorgestellt. Zentrale Botschaft bei der Präsentation in Brüssel: Der Youthpass und die mit ihm verbundenen Prozesse und Strategien haben die in ihn gesetzten Erwartungen fast durchgehend erfüllt. Auf EU-Ebene wird über eine Ausweitung des Youthpass auf internationale Jugendprojekte außerhalb von JUGEND IN AKTION nachgedacht.

Mehr als 235.000 Zertifikate waren von den rund 10.000 beteiligten Organisationen in knapp 20.000 durchgeführten Projekten ausgestellt worden. Europaweit, seit 2007.

Auch die Zahlen, die der Este Marti Taru, Wissenschaftler an der "Tallinn University" und Autor der Youthpass-Wirkungsstudie, vorlegte, hinterließen unter den mehr als 100 Jugendarbeitern, Trainern und politischen Entscheidungsträgern aus zahlreichen Programmländern einen bleibenden Eindruck. 1140 Teilnehmer und 741 Organisationen hatten seit Mitte 2012 bei der Studie mitgemacht. Fast alle stellten die Bedeutung des Youthpass als zentrales Instrument zur Selbst-Reflexion und Selbsteinschätzung in den Vordergrund.

So habe der Youthpass Beteiligten dabei geholfen, die in den Projekten erworbenen Kompetenzen stärker als solche zu erkennen und auch in Worte zu fassen und zu versprachlichen. "Jugendliche können durch Youthpass besser sagen, was sie in einer einzelnen Aktion gelernt haben. Zudem wird ihr Bewusstsein geschärft, welche Kompetenzen sie in Zukunft erlernen wollen", so Taru.

Mehr zu den Ergebnissen der Studie

Im Netzwerk weiterentwickeln

85 Prozent der Befragten gaben an, dass der Youthpass gut geeignet sei, um eine Selbsteinschätzung mit Hilfe existierender Schlüsselkompetenzen leisten zu können. Zudem erhöhe sich mit den zertifizierten Qualifikationen die Chance, später einen Praktikums-, Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu bekommen.

"Der Youthpass ist damit eine sinnvolle Ergänzung zum konventionellen CV", sagte Taru. In der Wirkungsstudie wurde auch der Mehrwert für die am Youthpass-Prozess beteiligten Organisationen nachgewiesen. "Die Wahrnehmung für das Instrument hat sich im Laufe der Jahre deutlich erhöht. Wir haben festgestellt, dass auch die Mitarbeiter in den einzelnen Organisationen – bezogen auf Beschreibung und Validierung – zunehmend strukturierter vorgegangen sind."

Als eine Mut machende Studie bezeichnete Giorgio Guazzugli-Marini, Programm-Manager des JUGEND IN AKTION-Programms bei der Europäischen Kommission, die Ergebnisse der Wissenschaftler. „Der Youthpass ist eine Referenz in seinem Bereich. Auch im neuen Programm werden wir das Instrument weiter anwenden“, so Guazzugli-Marini. Ziel sei es, den Youthpass gemeinsam mit Nationalagenturen, SALTO-Centern und Europäischer Kommission weiter zu verbessern. „Wir sollten in Zukunft auch stärker darüber nachdenken, wie wir den Youthpass für andere internationale Projekte nutzen können. Auch Synergien mit dem Bildungsbereich sind denkbar.“

Technische Möglichkeiten nutzen

Noch einen Schritt weiter ging der Niederländer Matthijs Leendertse von der "Erasmus University" in Rotterdam. Er stellte dem Youthpass eine Zukunft jenseits der Internationalen Jugendarbeit in Aussicht.

"Denken Sie daran, dass das von Ihnen erarbeitete Zertifizierungs-Instrument auch für andere Arbeitsbereiche interessant sei könnte. Viel wichtiger aber ist es noch, dass der Youthpass mit neuen technischen Entwicklungen und Möglichkeiten Schritt hält", so Leendertse. Interaktive Plattformen im Internet wie Coursera, die von den renommiersten Universitäten der Welt genutzt werden, zeigten, wo die Reise langfristig hingehe.

Leendertse meinte: "Das Lernen der Zukunft ist personal, sozial und interaktiv." Deshalb seien auch Computerspiele wie "World of Warcraft" so erfolgreich. Überhaupt hätten viele Entscheider den Nutzen von Online-Spielen noch nicht verstanden. Dabei liege gerade hier – wenn es um die Motivation und die Aktivierung von Jugendlichen geht – noch viel Potenzial brach. Leendertse nannte es eine Schande, dass vielerorts immer noch ein Großteil der Gelder in die formale Bildung gesteckt werde, während Innovationen vor allem im außerschulischen Bereich vorkämen.

Implementierung im neuen Programm

Hans-Georg Wicke, Leiter von JUGEND für Europa, hob vor allem das über die Ländergrenzen hinweg gehende breite Netzwerk für die Erfolgsgeschichte des Youthpass hervor. "Wenn man bedenkt, dass sich ganz am Anfang eineinhalb Personen um die Entwicklung des Youthpass Gedanken gemacht haben, dann können wir schon stolz auf das sein, was wir uns bis heute erarbeitet haben. Die Jugendlichen haben den Youthpass anerkannt. Sie schätzen ihn. In allen Programmaktionen sind kontinuierlich mehr Zertifikate ausgestellt worden."

Der Youthpass sei dabei nie nur ein reines Zertifikat gewesen. Er war immer auch Prozess und Strategie. Herausforderung für die Zukunft sei jetzt die Implementierung des Instruments im neuen Programm "Erasmus+". "Immerhin wird der Youthpass dort jetzt konkret erwähnt, das war am Anfang nicht so", sagte Wicke. Von den Forschern erhoffe er sich in Zukunft noch gezieltere Hinweise darauf, warum der Youthpass in einigen Ländern stark und in anderen weniger stark angenommen werde.

(Marco Heuer im Auftrag von JUGEND für Europa)

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Die zweitägige Veranstaltung in Brüssel trug den Titel "Youthpass in Action – Impact, practice and future" und wurde von JUGEND für Europa – SALTO Training and Cooperation Resource Centre in Kooperation mit den Nationalagenturen des Programms JUGEND IN AKTION aus Frankreich, Ungarn, Litauen und der Slowakei organisiert.

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