11.07.2012

Jugendinitiative: Discover Football. Leidenschaft für den Sport - Kampf gegen Geschlechterstereotype

Von Berlin über Kiew bis nach Warschau. Während der Fußball-Europameisterschaft sind 15 Fußballerinnen von "Discover Football" mit einem VW-Bus durch Polen und die Ukraine getourt. Sie haben das Turnier genutzt, um sich mit ganz unterschiedlichen Aktionen für mehr Gleichberechtigung, Emanzipation und Frauenrechte einzusetzen. JUGEND für Europa hat einen Teil des Projekts als Jugendinitiative gefördert.

Zum Abschluss ihrer Reise hat Marco Heuer mit Frederike Faust und Marlene Schauer über die Eindrücke der Studentinnen und jungen Berufstätigen gesprochen.

Frederike, Marlene, was waren die Highlights Eurer Tour?

Schwer zu sagen, wir hatten so viele tolle Erlebnisse. Vielleicht war unser Gesamteindruck das Highlight. Überall haben wir erlebt, was uns über sprachliche und lebensweltliche Grenzen hinweg verbindet: die Leidenschaft für den Sport und der Kampf gegen die immer währenden Geschlechterstereotype.

So gab uns ein junges Pärchen in Warschau treffenderweise die Foto-Botschaft "Sport has no gender" mit auf die Reise. Ein ukrainisches Mädchen erzählte uns begeistert von ihrem schönsten Tag in der Woche. Und das sei nun mal der, an dem sie sich mit ihren Freundinnen beim Training trifft. In einem waren sich also alle einig: Fußball macht stark, bringt Freude und verbindet über Grenzen hinweg.

Wie habt Ihr Euch konkret vor Ort engagiert?

Auf der Tour haben drei Projekte ineinandergegriffen. Begonnen haben wir mit einem einwöchigen Austausch mit Mädchenteams aus Polen, der Ukraine und Deutschland. Während der knapp dreiwöchigen Fahrt mit unserem Bus organisierten wir Miniturniere und Podiumsdiskussionen zur Rolle des Frauenfußballs im jeweiligen Land. Und dann hatten wir immer auch unsere mobile Ausstellung dabei, die von Station zu Station wuchs. Sie hat dem Frauenfußball mit Fotos und Videos ein Gesicht gegeben.

Wie haben die Leute auf Eure Aktionen reagiert?

Da waren wir wirklich ständig im Gespräch. Ob am oder auf dem Spielfeld, mitten in der Stadt oder vor den Leinwänden in den Fanzonen – die Menschen wollten wissen, was wir da machen und waren sehr interessiert. Hinzu kam, dass unsere Begegnungen ja filmisch begleitet wurden. Ein erster Zusammenschnitt der Ereignisse ist bereits online zu sehen.

Das Ganze klingt nach viel Arbeit, wer hat das Projekt alles gestemmt?

Die Organisation der gesamten Tour lag in den Händen des Berliner Vereins "Fußball und Begegnung". Mit einer Jugendinitiative wurden die Ausstellung und die filmische Dokumentation verwirklicht – zusammen mit Jugendlichen aus Polen („ró¿owa karta“/ Pinke Karte).

An den verschiedenen Stationen der Tour haben neben Mitgliedern des Vereins und der Jugendinitiative auch andere Freiwillige und Fußballbegeisterte teilgenommen. Für die Aktivitäten vor Ort gab es zudem Partnerschaften mit lokalen und internationalen Organisationen.

In welcher Situation befindet sich der Frauenfußball in Polen und der Ukraine? 

In beiden Ländern haben wir leistungsstarke Teams aller Altersstufen gesehen. Die Profiligen sind aber relativ klein und es gibt nur wenige Teams. Vor allem im Amateurbereich ist der Bedarf groß, die Strukturen zu verbessern. Vernetzungsmöglichkeiten fehlen – sowohl im verbandlich als auch im privat organisierten Fußball.

Viele Vereine und Initiativen kennen sich nicht und können sich somit auch nicht gegenseitig unterstützen. Trotzdem: Obwohl es an Infrastruktur und finanziellen Mitteln fehlt, haben es Teams und Einzelpersonen immer wieder geschafft, mit ihrem Engagement viel im Frauenfußball zu bewegen.

Wie habt Ihr die Emanzipation und Selbstbestimmung der Frauen in den ehemaligen Ostblock-Staaten erlebt?

Wir haben ausschließlich mutige und emanzipierte Frauen kennengelernt, die sich trotz äußerer Widerstände und viel Skepsis durchgesetzt haben. Die Frauen betonten oft, dass sie in ihren Ländern ebenfalls mit starren Rollenverständnissen und als Fußballerinnen mit bestimmten Stereotypen zu kämpfen hätten.

Was glaubt Ihr, was habt Ihr im Nachhinein mit Eurem Projekt bewegt?

Wir haben vor allem zwei Ziele verfolgt und diese – aus unserer Sicht – auch erreicht. Zum einen konnten wir viele engagierte Menschen zusammenbringen, voneinander lernen und uns gegenseitig in unserem Engagement ermutigen.

Zum anderen ist es uns gelungen, in ganz verschiedenen Städten ein großes Presseecho zu erzeugen. Damit haben wir den Frauenfußball vor Ort und auch darüber hinaus sichtbarer gemacht und Menschen zum Nachdenken angeregt.

Die Planung eines Großprojekts ist ja oft das eine, die Wirklichkeit das andere. Was hat nicht so gut geklappt?

Es war nicht so einfach, die verschiedenen Events von Deutschland aus und in verschiedenen Orten Polens zu planen. Wir hatten mit einer Menge Partner zu tun, die wir vorher nicht kannten. Da gab es schon mal das eine oder andere sprachliche Hindernis. Bei der Organisation vor Ort hat dann jedoch alles geklappt. Wir mussten unsere Planung nicht verändern.

Wie geht es jetzt mit "Discover Football" weiter? 

Wir haben mit der Tour wichtige Grundsteine unseres Engagements gelegt. Darauf möchten wir weiter aufbauen. Ein Film über die Tour wird gerade fertig gestellt. Die Ausstellung wird von nun an fester Bestandteil von "Discover Football" sein und auch ständig erweitert.

Und Eure Fußballerinnen und Fans?

Die werden wie sicher nicht das letzte Mal gesehen haben. Das ein oder andere Team werden wir hoffentlich bald für ein Freundschaftsspiel in Berlin begrüßen dürfen. Und natürlich bleiben wir in Kontakt, um uns gegenseitig in unserer Arbeit für Frauenrechte zu unterstützen.

Wichtig ist es jetzt, die geschaffenen Netzwerke zu pflegen und weiter auszubauen. Deshalb arbeiten wir gerade auch an einer virtuellen Plattform für Frauenteams aus Polen, der Ukraine und der ganzen Welt.

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"Discover Football" ist eine Initiative des Vereins "Fußball und Begegnung" in Berlin. Mehr Informationen zur Tour und zum ganzen Projekt gibt es unter www.discoverfootball.de und auf Facebook.

Das Projekt wurde als Jugendinitiative über das EU-Programm JUGEND IN AKTION gefördert.

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