19.02.2010

"Vernetzung ist ein Schritt zur Nachhaltigkeit“ - Jugendverband und Schule bieten gemeinsam eine Plattform

Adrienne Körner, Lehrerin an der Wilhelm-Focke Oberschule Europaschule in Bremen und Angela Ruess, Referentin vom Bremer Jugendring e.V. arbeiten in einem Projekt zum "Strukturierten Dialog" zusammen. Das Projekt „Europe in Your Hands“ wird über das Programm JUGEND IN AKTION gefördert.

Worum geht es bei "Europe in Your Hands"?

Angela Ruess: Für das Projekt wurde ein Expertenpool aus den Bereichen Politik, Kultur und Sport, Wirtschaft sowie Wissenschaft und Lehre gebildet. Diese Expertinnen und Experten stehen zur Verfügung, um mit Jugendlichen Fragen über die verschiedensten Themen zu sprechen. Das Angebot ist vom Bremer Jugendring bei Jugendeinrichtungen und an Schulen beworben worden.

Als Markenzeichen für "Europe in Your Hands" haben wir zwei Sessel in Handform, in denen der Gast und die Moderation - ein oder eine Jugendliche - sitzen. Die Schulen kontaktieren mich, ich kontaktiere die Ansprechpartner, bereite in Absprache mit beiden Seiten den Termin vor. Die Diskussionen werden in den Schulen vorbereitet, so dass es auch wirklich zu einem Dialog kommen kann.

JfE: Wer ist alles dabei?  

Angela Ruess: Wir haben Politikerinnen und Politiker von der Landes- bis auf die Beiratsebene  sowie unsere Europaabgeordnete dabei. Es beteiligen sich aber auch Vertreter großer Firmen wie EADS Astrium (Raumfahrt), BELUGA Shipping GmbH und Arcelor Mittal – das sind die Stahlwerke in Bremen. Wir haben aus dem Sport einen Boxweltmeister, Markus Beyer, der in der Nähe wohnt, dabei, und Herrn Fischer von Werder Bremen als international tätigen Fußballverein auch. Wir werden im Bereich Lehre durch Professoren der Jakobs University – einer internationale Universität - und durch die Universität Bremen sowie die EUMAC unterstützt, das ist die Europäische Musical-Akademie. Also wir haben ein ganz buntes Feld konkreter Ansprechpartner.

Wie sieht so eine Veranstaltung aus?

Adrienne Körner: An unserer Schule haben wir Veranstaltungen für die 8. und die 10. Klassen organisiert, im Laufe des derzeitigen Halbjahres und immer an einem Dienstag zwischen 45 und 90 Minuten, für cirka 50 Schülerinnen und Schüler. Die Schülerinnen und Schüler der 8. Klassen sprechen mit Politikern und die 10. Klassen waren speziell an Fragen zu Ausbildung und Berufsbildung interessiert. Deswegen wollten sie gern mit Wirtschaftsvertretern sprechen. Die Schüler stellten erst mal Fragen zur Person, also: Wie sind Sie überhaupt in ihre Position gekommen? Welche Erfahrungen haben Sie eben in ihrem Leben gemacht?

Es gab brisante Themen wie Klimaschutz, oder auch, was die Partei jeweils mit Europa zu tun oder welche Beziehungen die Wirtschaft zu Europa hat. Es wurde diskutiert, was die Gesprächspartner für junge Leute tun können. Die Schülerinnen und Schüler haben Fragen inhaltlich vorbereitet und jeweils ein Moderatorenteam leitet durch die Veranstaltung oder dokumentiert sie in Form einer Fotostory, Protokollen, Zeitungsartikel. Am Ende evaluieren immer einige der Jugendlichen die Veranstaltung.

Läuft das immer so?

Angela Ruess: Nein, die Projektformen können ganz unterschiedlich sein. Mal machen wir eine Art Ringvorlesung oder wir haben Einzelanfragen von Schulen, die ganz konkret einen gewissen Gesprächspartner wollen. Das Schulzentrum Bremen macht zum Beispiel einen kompletten Europatag unter dem Motto "Europe in Your Hands". Wir lösen uns oft räumlich von der Schule, wie das jetzt bei der Wilhelm Focke Schule der Fall war.

So haben wir für das Gespräch mit dem Geschäftsführer von Werder Bremen ins Stadion eingeladen. Wir hatten einen Termin mit dem Betriebsratsvorsitzenden des europäischen Betriebsrats der Stahlwerke Bremen und "Stahl TV" war dabei und hat das Ganze gefilmt. Da sieht man, dass Europa und Jugend einen höheren Stellenwert erlangen, so dass selbst ein Kamerateam kommt und wir dann mit einem kleinem Film im Internet veröffentlicht werden.

Adrienne Körner: Uns - und den Schülern und Schülerinnen - ist es ganz wichtig, rauszugehen und zu sehen, wo Europa denn überhaupt stattfindet? So behandeln wir die Themen nicht nur im Unterricht, wo man etwas lernen muss wie beispielsweise für eine Arbeit, sondern auch mit Experten, die tagtäglich damit zu tun haben.

Welche Folgen haben diese Veranstaltungen?

Angela Ruess: Da alles dokumentiert wird, auch auf unserer Homepage mit Fotos und Berichten, können wir die Entwicklung sehen und auch mit den Experten rückkoppeln. Es gibt jetzt eine öffentliche Abschlussveranstaltung der ersten Phase mit dem Bremer Jugendsenator im EuropaPunktBremen. Dort werden wir prüfen, was es bis jetzt gebracht hat. So etwas soll es dann regelmäßig geben. Die Schulklassen sind mit Feuereifer dabei. Am Anfang wollte keiner moderieren und mittlerweile wollen sie alle die Fragen stellen – und tolle Fragen! Deswegen haben wir uns beim Bremer Jugendring entschieden das Projekt weiterzuführen, auch falls die Förderung über JUGEND IN AKTION ausläuft. Das ist ein persönliches Anliegen von mir und von meinem Arbeitgeber, wenn gleich der Zeitaufwand recht hoch ist.

Adrienne Körner:Viele Politiker haben sich bereit erklärt, intensiver mit Jugendlichen zu kooperieren oder sie einzuladen in die Bürgerschaft. Wir haben jetzt zum Beispiel mit der ersten Politikerin ein Arbeitsfrühstück gemacht. Dabei haben wir die bisherigen Diskussionsergebnisse und Anliegen vorgetragen, die sie dann im Europaausschuss des Senats einbringen will.

Gab es bestimmte Themen, die den Jugendlichen besonders auf den Nägeln brannten?

Beide: Klima, Arbeit, Bildung. Bildung ist ein ganz großes Problem, weil viele sehr unzufrieden sind mit dem Bildungssystem. Sie fordern eine Vergleichbarkeit der Abschlüsse in Europa. Das sind eigentlich die drei Hauptthemen.

Was nehmen Sie von der Tagung heute mit?

Adrienne Körner: Ich nehme sehr viel mit. Ich bin Koordinatorin für das Schulprofil Europa an unserer Schule. Gestern sind ja viele Projekte vorgestellt worden. Speziell Ideen, die man auch bei uns an der Schule umsetzen könnte, oder in der Kooperation mit dem Jugendring, haben mir sehr gut gefallen und die nehme ich jetzt mit nach Hause.

Angela Ruess: Ich fand die politischen Perspektiven, die die neue Jugendstrategie bietet, spannend. Ich bin gespannt auf den Prozess zur Bildung der nationalen Arbeitsgruppe zum Strukturierten Dialog, die dort gefordert wird, darauf, ob wir es vielleicht schaffen uns einzubringen. In Bezug auf das Programm finde ich, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Ich war total begeistert von den anderen Projekten, und davon, dass es einfach total nette, interessierte Kollegen gibt. Das ist auch wichtig, denn eine nationale Vernetzung ist auch ein Schritt zur Nachhaltigkeit.

Über die Expertinnen und Experten können sich Interessierte auf der Homepage des Bremer Jugendrings informieren, dort ist das Projekt ausführlich vorgestellt und dokumentiert.

(Das Interview führte Dr. Helle Becker, Expertise & Kommunikation, im Auftrag von JUGEND für Europa)

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