12.08.2025

„Wenig Input, großer Impact. Wir konnten die Angebote der internationalen Jugendarbeit niedrigschwelliger, inklusiver und 100 % partizipativ gestalten.“

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Die 25 jungen Menschen, die sich in drei Gruppen mit dem Zug nach Italien bzw. Spanien aufmachen, sehen sich zuhause mit finanziellen und sozialen Herausforderungen konfrontiert. Aus ihrer Stadt sind sie darum so gut wie noch nie herausgekommen, geschweige denn haben sie Europa kennengelernt. Im DiscoverEU Inklusion-Projekt der Stadt Braunschweig erfahren sie, dass das Überschreiten der eigenen Grenzen neue Möglichkeiten eröffnet.

Die internationale Jugendarbeit der Stadt Braunschweig ist ein zentraler Bestandteil der kommunalen Jugendförderung und zielt darauf ab, jungen Menschen durch internationale Mobilitätsprojekte einzigartige Lern- und Lebenserfahrungen zu ermöglichen. Im Rahmen des Erasmus+ Jugend-Programms liegt ihr Fokus auf der Einbindung junger Menschen mit geringeren Chancen.

„Unser langfristiges Ziel ist die Internationalisierung der Jugendarbeit auf kommunaler Ebene, um so Braunschweiger Jugendarbeit nachhaltig auf die Herausforderungen und Chancen einer zunehmend globalisierten Welt vorzubereiten“, erklärt Nils Holm, Sozialarbeiter im Bereich der Internationalen Jugendarbeit bei der Stadt Braunschweig.

Für ihr Projekt „Discover Europe with the Marginalised Youth of Braunschweig” geht die Stadt darum über die lokale Jugendsozialarbeit, Berufsschulen, Jugendzentren und den Jugendmigrationsdienst in Kontakt mit potenziellen Teilnehmenden, informiert sie und füllt die Gruppen. In vorbereitenden Workshops wachsen die jungen Menschen zusammen und widmen sich den Themen Reiseplanung und interkulturelles Wissen.

Darüber hinaus werden Sicherheitsmaßnahmen vermittelt und Sprachkenntnisse in Englisch und den Landessprachen trainiert. Die Inhalte der Workshops und der Reisen werden partizipativ erarbeitet – immer unter der Prämisse, die Teilnehmenden zu befähigen, individuelle Reiseerfahrungen machen zu können.

Denn zuhause fehlt es ihnen an Erfahrungen, die ihre Resilienz, Selbstständigkeit und interkulturellen Kompetenzen stärken. Häufig leiden sie unter diskriminierendem Verhalten und Mobbing und zeigen depressive Symptome. Umso begeisterter beschreiben sie ihre Lernreisen als Stärkung ihres Selbstbewusstseins.

„Wir haben alles selbst organisiert, von den Unterkünften bis zu den Zugtickets – das hat mir ein starkes Gefühl von Unabhängigkeit gegeben.“

Nicht nur den Zeitraum, sondern auch die Ziele, Unterkünfte und Aktivitäten legen die Gruppen selbst fest. Der Fokus liegt meist auf kulturellen und kulinarischen Erfahrungen, Tagesausflügen, empowernden Aktivitäten und dem eigenständigen Erkunden verschiedener europäischer Städte. In der Nachbereitung gibt es Feedbackgespräche und Reflexionen und die Aushändigung des Youthpass-Zertifikates.

Ein Highlight für viele sind die individuellen Tagesausflüge, bei denen sie die Freiheit haben, eigene Entscheidungen zu treffen und ihre Interessen zu verfolgen. Sie erzählen, wie bereichernd es war, die lokale Kultur hautnah zu erleben. Auch das Kennenlernen neuer Menschen ist für viele ein unvergesslicher Bestandteil der Reise.

Überraschend für die Jugendlichen ist vor allem, wie eigenverantwortlich sie handeln dürfen. Sie beschreiben, wie positiv es war, ernst genommen zu werden und ohne die typischen Vorgaben von Betreuer*innen agieren zu können. „Es hat mich total überrascht, wie sehr wir als Gruppe die Organisation selbst in die Hand nehmen konnten.“

Neben den positiven Erfahrungen gibt es auch Herausforderungen. Eine große Aufgabe ist es, in der Gruppe jeder*m gerecht zu werden. Die Jugendlichen beschreiben dies als wertvolle Übung im Aushandeln von Entscheidungen und im Umgang mit unterschiedlichen Bedürfnissen.

„Es war nicht immer einfach, die Balance zu finden, aber genau das hat uns gezeigt, wie Demokratie funktioniert.“

Auch das Gleichgewicht zwischen persönlichem Rückzug und dem Zusammensein in der Gruppe stellt manche vor Schwierigkeiten. Dennoch sehen viele dies als Chance, sich selbst besser kennenzulernen und ihre sozialen Fähigkeiten zu stärken. Für einige war das Überwinden von Unsicherheiten ein Moment des Stolzes. „Ich war total nervös, als ich allein durch die Stadt gehen sollte, aber am Ende habe ich gemerkt, dass ich das kann.“

Die Reise bietet den Jugendlichen viele Erkenntnisse, die sie für die Zukunft mitnehmen. Einige betonten, wie viel sie über gute Planung gelernt haben. Andere heben hervor, wie faszinierend die kulturellen Unterschiede seien. Sie fühlen sich dadurch bereichert, entwickeln ein stärkeres Bewusstsein für die Vielfalt Europas und identifizieren sich mehr damit.

Insgesamt berichten die Jugendlichen von einer Reise, die sie nicht nur persönlich weitergebracht, sondern auch ihre Sicht auf Europa, Gemeinschaft und Eigenverantwortung nachhaltig geprägt hat.

Begleitet werden die Reisen von Peers, meist Freiwilligendienstleistenden der Braunschweiger Jugendförderung. „Ein absolutes Highlight war es, junge Menschen zu begleiten, die sich ihren Ängsten stellten und diese mit der Unterstützung ihrer Mitreisenden überwanden“, sagt Simay Göksu, eine der Freiwilligendienstleistenden.

„Die positive Wirkung von solch niedrigschwelligen und anforderungsarmen Kleingruppenangeboten, die sowohl soziale als auch empowernde Kräfte freisetzen, ist für uns als Begleiter*innen unvergleichlich. Diese Erfahrungen sind eine der größten Stärken unseres Projekts.“

Jede Reise wird evaluiert, und die Erkenntnisse fließen in die Verbesserung zukünftiger Aktivitäten ein. Außerdem werden die Projekte im Jugendhilfeausschuss der Stadt Braunschweig präsentiert und so die Sichtbarkeit erhöht.

„Das Vorurteil, internationale Jugendarbeit richte sich ausschließlich an privilegierte Zielgruppen, löst sich zunehmend auf. Immer mehr kommunale Strukturen erkennen, dass unsere Angebote auch marginalisierte junge Menschen erreichen“, so Nils Holm.

„Dieser Wandel inspiriert andere Arbeitsbereiche wie die offene Kinder- und Jugendarbeit und die Jugendsozialarbeit, sich verstärkt für internationale Angebote zu öffnen. Damit kommen wir unserem Ziel, internationale Jugendarbeit schrittweise in allen Bereichen der Jugendarbeit zu verankern, ein großes Stück näher.“

Angebote von und für junge Menschen hat es in der internationalen Jugendarbeit in Braunschweig bis zu diesem Punkt noch nicht gegeben. Die tollen Erfahrungen mit Freiwilligendienstleistenden und dem Peer-to-Peer-Ansatz, werden in Zukunft nicht nur im Beratungskontext, sondern auch in weitere Jugendmobilitätsprojekte Eingang finden.

„Es ist faszinierend zu sehen, was junge Menschen, ob als Teilnehmende oder als Begleitpersonen, umsetzen können, wenn sie für etwas brennen. Unterstützung und Vertrauen bewegen viel.“

Ein Folgeprojekt, das auf den aus diesem Projekt gewonnenen Erkenntnissen und den Bedürfnissen der Teilnehmenden basiert, ist geplant.

Sie fühlen sich inspiriert…

…und denken darüber nach, ein DiscoverEU-Inklusion-Projekt im Rahmen des EU-Programms Erasmus+ Jugend zu beantragen? Die nächste Antragsfrist ist der 1. Oktober 2025. In Vorbereitung darauf bietet JUGEND für Europa eine digitale Antragssprechstunde zum Förderformat an.

Mit unserem offenen Beratungsangebot möchten wir ausführlich bei der Antragstellung unterstützen. Dabei geben wir Hinweise, um eventuelle Hürden zu überwinden und nehmen uns Zeit, auf Fragen zum Antrag einzugehen.

Unsere Antragssprechstunde zu DiscoverEU Inklusion findet am 26. August 2025 von 14 bis 15.30 Uhr statt.

Wir beraten außerdem gern in einem Gespräch. Die Kontaktdaten der zuständigen Ansprechpersonen gibt es im Kontaktbereich unserer Programmwebseite. Zudem stellen wir Projektskizzenberatungsformulare für ausgewählte Förderformate zur Verfügung. Diese können gern als Grundlage für ein Beratungsgespräch genutzt werden.

(JUGEND für Europa)