03.05.2007

„Wir brauchen Euch, wir wollen Euch!“

Spätestens seit dem Kölner Jugendevent wollen Politiker und Jugendliche wieder verstärkt miteinander ins Gespräch kommen.

So wie ihn wünschen sich wohl alle Zuhörer einen guten Redner: Sprachlich versiert, im Ausdruck pointiert, den Witz immer an der richtigen Stelle. Pierre Mairesse kann Jugendliche begeistern. Dass der EU-Direktor für Jugend, Sport und Bürgerbeziehungen obendrein ein Realist zu sein scheint, kommt bei den 170 Teilnehmern des Kölner Jugendevents gut an. „Ihr müsst auch akzeptieren, dass nicht alles, was Ihr hier beschließt, umgesetzt werden kann“, sagt Mairesse und schildert die Fallstricke europäischer Politik, „aber rund 80 Prozent Eurer Ideen werden sicherlich auch bei uns in Zukunft eine Rolle spielen, das ist schon eine ganze Menge.“
Den Dialog auf gleicher Augenhöhe fordert der Brüsseler Beamte, auch wenn er den Nachholbedarf nicht verschweigt. „Wir sprechen immer davon, dass Politik und Jugend sich gegenseitig zuhören wollen, aber hier passiert einfach noch zu wenig. Wir müssen begreifen, dass wir nur gegenseitig voneinander lernen können.“
Der strukturierte Dialog solle helfen, die konkreten Vorhaben von Köln nicht in einem staubigen Hinterzimmer verschwinden zu lassen. „Wir müssen permanent im Gespräch bleiben. Die Ideen auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene sollten konsequent und kontinuierlich in die europäische Agenda eingebunden werden.“
Wie das konkret aussehen könnte, kann allerdings auch ein Bildungsexperte wie Mairesse noch nicht näher erklären. „Wir sind dran an dem Thema. Für die Entwicklung der Persönlichkeit sind die Jahre der Jugend extrem wichtig, da gibt es nichts zu verschenken.“

Für eine emotionale Ansprache der Jugendlichen hatte sich die Leiterin des Referats Europäische Jugendpolitik im Bundesjugendministerium, Barbara Wurster, entschieden. Ohne viele Worte zu verlieren, projizierte sie das Bild eines Kindes an die Wand, das im Deutschland der Nachkriegszeit zwischen den Trümmern am Kölner Dom spielt.
„Das hier ist mein Mann“, sagt Wurster, „und jetzt wissen Sie, warum ich mich als engagierte Europäerin fühle.“ Spontaner Beifall im Tagungssaal. Der Arbeitstitel der Veranstaltung "Gleiche Chancen und gesellschaftliche Beteiligung für alle Kinder und Jugendlichen" war vom Kopf ins Herz vieler Jugendlicher gewandert.

Die Chance zur Veränderung nutzen – mit diesem Ziel war auch der Vizepräsident des Europäischen Jugendforums (EJF), Jaakko Weuro, vors Rednerpult getreten. Die eindringlichen Worte seiner Vorrednerin noch im Kopf fand er eine nicht minder anschauliche Beschreibung, warum Politik Spaß machen und Veränderungen herbeiführen kann – und sei es per sms. Denn eine solche Kurznachricht habe EU-Kommissionspräsident Barroso bei der 50-Jahrfeier zu den Römischen Verträgen in Berlin an EJF-Präsidentin Bettina Schwarzmayr beim Jugendgipfel in Rom geschickt, erklärt Weuro, sichtlich erfreut, den Teilnehmern von Köln einmal mehr die Text-Botschaft des EU-Chefs mitteilen zu können: „Von den Führern und Lenkern von heute an die Führer und Lenker von morgen“, hatte Barroso geschrieben und vom „großen Vertrauen, das man in die Jugend setze.“
Dennoch: Abseits solcher singulären Höhepunkte zeigte sich Weuro vor allem von den bisherigen Ergebnissen des ´Europäischen Pakts für die Jugend´ enttäuscht. „Noch immer wissen wir nicht, wer sich wirklich um die Umsetzung dieser jugendpolitischen Ziele kümmert. Die Koordinierung muss insgesamt besser werden. Ich wäre froh, wenn der Pakt direkt bei den Staats- und Regierungschefs angesiedelt wäre.“

Einen konstruktiven Streit um die richtigen jugendpolitischen Wege will die Leiterin der Abteilung Kinder und Jugend im Bundesjugendministerium, Karin Reiser, entfachen. Ihre Position: Benachteiligung ist keine individuelle Angelegenheit, die Politik ist gefordert, aber nicht nur sie. „Mit Ihrer Frische und Energie können Sie die Politik elektrisieren, zudem bereichert Verantwortung die eigene Biographie“, versichert Reiser den Jugendlichen aus den 34 Staaten. Für diejenigen, die es nach sieben Einführungsvorträgen an zwei Tagen noch immer nicht verstanden haben, bringt Reiser ihre Kernbotschaft am Ende noch mal auf den Punkt. „Wir brauchen Euch, wir wollen Euch“, sagt sie und endet mit einem Sprichwort aus ihrer bayerischen Heimat: "Work hard, party hard“, könnte auch ein Motto des Jugendevents werden.

(Marco Heuer)

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