14.03.2018

"Das Europäisches Solidaritätskorps ist eine großartige Erfahrung"

Die 19-jährige Reetta aus Finnland in einem Workshop während des Freiwilligendienstes im ESK.

Nina und Reetta haben einiges gemeinsam, zum Beispiel einen Dienst im Europäischen Solidaritätskops (ESK) und das Europahaus in Aurich. Für Nina war es die Entsendeorganisation, für Reetta das Aufnahmeprojekt. Beide wussten nach der Schule nicht so ganz genau, wie es weitergehen sollte. Ein Zwiegespräch der besonderen Art.

Die 18-jährige Nina aus Oldenburg arbeitet in einer Kindertagesstätte in der Stadt Cluj in Rumänien und die 19-jährige Reetta aus Finnland begleitet Workshops im Europahaus Aurich. Das Europahaus Aurich ist ihre Entsende- bzw. Aufnahmeorganisation. In einer mehrwöchigen Email-Korrespondenz berichten die beiden jungen Frauen davon, was der Freiwilligendienst im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps für sie persönlich ausmacht.

Nina: Hallo!

Reetta: Hi! Wie geht‘s dir?

Nina: Mir geht’s super. Ich mache im Moment einen Freiwilligendienst im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps (ESK) in Rumänien.

Reetta: Oh wow, ich auch, aber in Deutschland. Genauer gesagt, im Europahaus Aurich.

Nina: Also ist das Europahaus Aurich deine Aufnahmeorganisation? Dann haben wir etwas, das uns verbindet. Denn es ist meine Entsendeorganisation!

Reetta: Richtig. Das Europahaus hat als Entsendeorganisation die Planung für dich übernommen, um ins Ausland zu gehen und für mich ist es mein täglicher Arbeitsplatz.

Nina: Und, wie gefällt es dir als Freiwillige zu leben und zu arbeiten in Deutschland?

Reetta: Ich finde es super! Es ist eine gute Möglichkeit, um als Person zu wachsen, neue Fähigkeiten zu erlernen und eine andere Kultur zu entdecken. Ich habe hier schon sehr viele Aufgaben übernommen, die mir sicher auch in Zukunft helfen werden. Das ESK ist nicht nur gut für meinen Lebenslauf, sondern einfach auch eine großartige Erfahrung. Ich finde, Deutschland ist an sich schon ein tolles Land, aber im Vergleich zu Finnland an manchen Stellen noch nicht so weit entwickelt. Beispielsweise, wenn es um die Elektronik in Schulen oder an Arbeitsplätzen geht. Dafür ist das Leben hier günstiger, die Menschen sind meiner Meinung etwas höflicher und die Geschichte ist lebendig wohin man geht. Auch wenn ich schon einiges über Deutschland wusste, habe ich trotzdem vieles Neues gelernt. Wie sieht es bei dir aus?

Die 18-jährige ESK'lerin Nina mit Kindern aus der Kindertagesstätte in Rumänien.Nina: Wie du schon gesagt hast, durch die Arbeit als Freiwilliger wächst man als Person und lernt in einer ganz neuen Umgebung zu leben. Hier habe ich einen Einblick in den Alltag des Kindergartens, in dem ich arbeite, bekommen und somit in die Arbeit eines Erziehers / einer Erzieherin. Außerdem hat es mir bei der Entscheidung über meine Zukunft geholfen. Ich bin sehr glücklich mit meiner Wahl bezüglich des Landes und des Projekts. Bevor ich nach Rumänien gekommen bin, wusste ich fast nichts über den Staat. Die meisten Leute unterschätzen die osteuropäischen Staaten, obwohl man fast nichts über sie weiß. Ich bin froh, dass ich hierher gegangen bin und so die Schönheit der Natur sowie die Gastfreundlichkeit der Menschen erleben kann. Wie ist es für dich alleine zu wohnen in einem fremden Land?

Reetta: Naja, durch meinem Umzug nach Deutschland lebe ich zwar das erste Mal ohne meine Eltern, aber auch hier bin ich nicht alleine. Ich wohne in unserer Freiwilligen-WG und teile mir die Wohnung mit den beiden anderen Freiwilligen des Europahauses. Das Leben in meinem Apartment mit meinen Mitbewohnern ist sehr lehrreich. Zum Beispiel ist mir dadurch bewusst geworden, dass ich Sauberkeit sehr schätze. Ehrlich gesagt ist das WG-Leben manchmal nicht ganz leicht. Man muss lernen aufeinander Rücksicht zu nehmen und Kompromisse zu schließen. Aber auch das ist eine gute Schule fürs Leben und, wie gesagt, man lernt sich selbst besser kennen. Wie geht es dir denn mit dem Leben in Rumänien?

Nina: Ich persönlich habe ganz ähnliche Sachen erlebt. Mir hat beim Einleben die Unterstützung meiner Mentorin geholfen. Als Freiwillige*r hat man Anspruch auf eine*n Mentor*in und meine Mentorin ist echt super! Sie weiß viel über Rumänien und Cluj, die Stadt in der ich lebe. Sie kennt viele tolle Bars, Cafés und die besten Flohmärkte. Wir treffen uns mindestens einmal die Woche und sie nimmt uns z. B. auf Wanderungen und Ausflüge in die Umgebung von Cluj mit. Ich schätze ihr Engagement und bin froh, dass wir uns so gut verstehen. Aber wir sprechen gerade nur über positive Dinge; gibt es für dich auch etwas, das du eher negativ wahrnimmst?

Reetta: Was ist schon perfekt? Für mich ist die größte Herausforderung, dass ich zwar Freunde gefunden habe, aber viele sind jetzt an anderen Orten in Deutschland. Ich vermisse sie manchmal und würde sie gerne öfter sehen. Auf der anderen Seite, habe ich dafür schon so einige Ecken in Deutschland entdeckt. Ich war schon in Stuttgart, Leipzig und nächste Woche fahre ich nach Berlin. Dank Social Media kann ich auch mit allen, sogar mit meiner Familie und meinen Freunden in Finnland, in Kontakt bleiben. Wie ist das bei dir?

Nina: Ehrlich gesagt gibt es für mich kaum negative Dinge. Die Arbeit im Kindergarten ist sehr routiniert und kann so gelegentlich langweilig werden. Mir war aber schon davor klar, wie mein Projekt laufen würde, somit kann ich mich im Prinzip nicht beschweren. Es gibt allerdings etwas, von dem ich hoffe, dass es mich nicht betreffen wird: der Besuch bei einem rumänischen Arzt. Wenn man wirklich krank ist muss man natürlich zum Arzt. Ich persönlich war noch nicht dort, aber meine Mitbewohnerin hat mir erzählt, dass es Probleme mit der Kommunikation und teilweise auch mit den Standards geben kann. Aber ich glaube, dass es mithilfe des Mentors oder des Koordinators möglich ist, eine passende Praxis zu finden. Am liebsten wäre mir allerdings, wenn der Fall gar nicht erst eintritt…

Reetta: Das kann ich verstehen. Nachdem nun die Hälfte deiner Zeit in Rumänien schon um ist, würdest du sagen, dass es die richtige Entscheidung war? Warum bist du überhaupt nach Rumänien gegangen und nicht in ein anderes Land? Gab es einen bestimmten Grund?

Nina: Ich bin nach Rumänien gegangen, weil ich im Juni 2017 mein Abitur gemacht habe und nicht wirklich wusste, was ich danach machen sollte. Ich wusste zwar, dass ich studieren möchte, aber ich wusste noch nicht was. Deswegen wollte ich ein Gap-Year machen, um herauszufinden, was mir Spaß macht und was ich später vielleicht einmal beruflich machen könnte. Ich kam hierher, weil ich vorher so gut wie gar nichts über Rumänien wusste und etwas ganz anderes ausprobieren wollte. Ganz alleine in ein unbekanntes Land zu gehen, ist eine große Herausforderung. Es war aber definitiv die richtige Entscheidung für mich. Ich bin selbstständiger, selbstbewusster und offener geworden. Ich habe schon so viele tolle Leute kennengelernt und Cluj fühlt sich beinahe wie mein zweites Zuhause an. Wie ist das bei dir?

Reetta: Es war definitiv die richtige Entscheidung, einen Freiwilligendienst im Rahmen des ESK zu machen. Genau wie du wusste ich nicht, was ich nach dem Abschluss meiner Schule machen sollte. Deswegen wollte ich neue Dinge ausprobieren und herausfinden, wer ich bin. Ich denke direkt nach der Schule ist die beste Zeit, um diese Komfortzone, in der man sich seit seiner Geburt befindet, zu verlassen. Bevor man anfängt zu arbeiten oder zu studieren und vielleicht auch eine Familie zu gründen kann man dann nämlich viele eigene Erfahrungen machen und frei Dinge ausprobieren.

Nina: Da hast du Recht! Ich fand es super spannend mich mit dir zu unterhalten. Gibt es zum Abschluss noch irgendetwas, das du den Lesern sagen willst?

Reetta: Eigentlich nur Eines: Wenn du als Jugendlicher oder junger Erwachsener ins Ausland gehen und als Freiwilliger tätig werden möchtest, mach es einfach! Du kannst jederzeit wieder nach Hause kommen, aber ganz bestimmt hast du eine supertolle Zeit, in der du viel lernst und wächst.

Nina: Ich kann dir nur zustimmen! Es war wirklich schön, mit dir zu reden. Pa (Tschüss auf Rumänisch)!

Reetta: Es war auch schön mit dir zu reden! Tschüss!

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