31.01.2017

"Wir verändern uns und lassen das zu. Das sollten wir ein bisschen feiern."

Interview mit Klaus Fahle, Leiter der Nationalen Agentur Bildung für Europa im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) zum 30-jährigen Jubiläum der EU-Jugend- und BIldungsprogramme.

JUGEND für Europa: Was feiern Sie ganz besonders heute?

Klaus Fahle: Wir feiern eine tolle Erfolgsgeschichte und 30 Jahre Mobilität. Aber, und das ist heute noch nicht so deutlich geworden, Erasmus+ ist für mich eigentlich eine Lernplattform, nicht nur für diejenigen, die mobil sind, sondern auch für die Institutionen. Das Programm hat eine große Vernetzung von Einrichtungen gebracht und das gemeinsames Arbeiten an Themen. Das darf man nicht unterschätzen, denn wenn man Austausch ernst meint, muss man auch zulassen, dass man sich selbst dabei auch strukturell verändert. Das ist eigentlich das Wichtigste: Wir verändern uns und lassen das zu. Das sollten wir ein bisschen feiern.

JfE: Das Programm ist ab in diesem Jahr finanziell besser ausgestattet. Haben sie Perspektiven für diesen Zuwachs an Mitteln?

Klaus Fahle:  Wir brauchen die Mittel vor allen Dingen in der Erwachsenenbildung, weil der Bereich  völlig unterfinanziert ist. Wir haben einen demografischen Wandel! Daher müssen auch die Strukturen der Erwachsenenbildung in ihrer europäischen Dimensionen gestärkt werden. Das würde sich lohnen, hier haben wir bis jetzt zu wenig getan. Wir wollen außerdem natürlich erreichen, dass die avisierten 10% der Auszubildenden Auslandserfahrungen machen. Das wird nicht allein über ERASMUS+ gehen, dazu müssen wir uns auch national ein bisschen ins Zeug legen. Aber auch hier können die neuen ERASMUS-Mittel gewinnbringend eingesetzt werden.

JfE: Die Festreden erweckten den Eindruck, als reiche schon der Gang ins Ausland, um mehr Berufserfahrungen zu machen und Europa zu erleben. Stimmt das? 

Klaus Fahle:  So einfach ist das nicht! Man muss sich schon darüber im Klaren sein, was  die jungen Leute an zusätzlichem Wissen, an Kompetenzen, an Fertigkeiten dazugewinnen sollen. Bei der Verständigung der beteiligten Partner hierüber hilft der Europäische Qualifikationsrahmen. Früher hat man Ausbildungsordnungen verglichen, war aber nachher nicht schlauer. Heute überlegt man, was für Kompetenzen benötigt werden. Das halte ich für ein ganz wichtiges Fundament, denn so kann man auch Neues identifizieren, was für den Beruf und für die berufliche Bildung notwendig ist und entwickelt werden sollte. Das geht aber nur, wenn die Einrichtungen, die den Austausch in ihr Bildungsprogramm integriert haben, daran arbeiten, das kann nicht der einzelne Auszubildende leisten. In dem Zusammenhang ist es ebenso wichtig, internationale Kompetenzen in Ausbildungsordnungen zu verankern. Wenn wir es schaffen, europäische, internationale Erfahrungen als Zusatzqualifikation bundesweit für alle Ausbildungsordnungen festzuschreiben, dann haben wir künftig wirkliche strukturelle Effekte im Bildungssystem.

JfE: Dann spricht ja Vieles dafür, das Programm auch nach 2020 zu erhalten?

Klaus Fahle:  Haben Sie ernsthaft geglaubt, dass wir dann aufhören?

(Das Interview führte Dr. Helle Becker im Auftrag von JUGEND für Europa)

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