08.04.2015

"Youth Take-Over Day stärkt Selbstbewusstsein und fördert Neugier“

Die Idee eines Youth Take-Over Days: Jugendliche können an einem Tag in die Rolle eines Entscheidungsträgers schlüpfen. Wir sprachen mit Raphael von Müller, wie so ein Tag aussehen könnte. Der 25-Jährige arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Centrum für angewandte Politikforschung in München und hat am Idea Lab in Bonn teilgenommen.

JfE: Raphael, was könnte ein Youth Take-Over Day für junge Menschen denn bringen?

Raphael von Müller: Ein Übernahme-Tag ist vor allem deshalb für Jugendliche attraktiv, weil er es ihnen ermöglicht, für einen Tag in die Rolle eines politischen Entscheidungs- bzw. Mandatsträgers zu schlüpfen. Ich denke da beispielsweise an Unternehmer, die in der Wirtschafts- und Finanzbranche tätig sind. Der Youth Take-Over Day ist doch eine großartige Gelegenheit für Jugendliche, Arbeitserfahrung aus erster Hand zu sammeln – möglicherweise sogar in dem Bereich, in welchem der Jugendliche in Zukunft selbst einmal tätig sein möchte.

Wie sollte dieser Tag gestaltet werden?

Möglichst inklusiv. Mir wäre wichtig, dass nicht nur Jugendliche aus allen 28 EU-Mitgliedsstaaten an so einem Tag teilnehmen. Dort sollten auch junge Menschen aus allen sozialen Schichten vertreten sein – mit ganz unterschiedlichen religiösen oder ethnischen Hintergründen. Beim Idea Lab haben wir uns darauf geeinigt, dass Jugendliche ab 13 Jahren (bis einschließlich der höchsten Altersstufe, die laut EU-Kommission noch als „youth“ bezeichnet werden kann) an dem Event teilnehmen können.

Welches Signal könnte von einem Youth Take-Over Day ausgehen?

Ich bin überzeugt, dass ein Übernahme-Tag dazu beitragen kann, die Partizipation von Jugendlichen an politischen, wirtschaftlichen und gesellschafts-relevanten Prozessen nachhaltig zu stärken. Einen Einblick in die Arbeitswelt etablierter Führungskräfte zu bekommen und dabei gleichzeitig Verantwortung übernehmen zu können, wäre für solch einen Tag eine tolle Perspektive. Ich denke, dass diese Art von „hands-on-experience“ die Neugier und Leidenschaft von Jugendlichen ungemein fördert.

Kann ein Jugendlicher denn überhaupt einen Entscheidungsträger ersetzen?

Fest steht: Ohne eine inhaltliche Vorbereitung auf die Tätigkeit geht es nicht. So sollte ein Jugendlicher, der für einen Tag die Rolle eines Bürgermeisters übernimmt, zumindest mit Grundzügen der Lokalpolitik und des Gemeindewesen vertraut sein. Nur so kann die Aufgabe auch realitätsnah ausgeführt werden.

Könnte der Youth Take-Over Day am Ende vielleicht sogar institutionalisiert werden?

Ich würde mir eine langfristige Unterstützung der Europäischen Kommission wünschen. Ob das Projekt aber auf einer alljährlichen Basis fortgeführt wird, hängt wohl tatsächlich vom Erfolg des ersten Events ab. Deshalb ist eine Evaluation der Veranstaltung auch so wichtig. Wie kann die Initiative noch verbessert werden? Mit welchen Mitteln könnte das Projekt weiter gefördert werden? Das wären Fragen, die unbedingt beantwortet werden müssten.

Wo siehst Du denn noch die Haupthindernisse?

In den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten gibt es ganz unterschiedliche politische und rechtliche Rahmenbedingungen. Das erschwert natürlich so ein gemeinsames Projekt. Ich bin dafür, dass wir Teilnehmer des Idea Lab noch weiter an unserem Konzept feilen. In Bonn haben wir uns viel mit Werbekampagnen für das Projekt beschäftigt. Wir haben aber noch zu wenig geklärt, wie ein Youth Take-Over im Detail durchgeführt werden könnte. Offen ist auch, ob die Jugendlichen vorbereitet oder unvorbereitet an dem Event teilnehmen sollen.

Was erhoffst Du Dir selbst von einem Übernahme-Tag?

Der grundlegende Anspruch eines Youth Take-Over Days sollte es sein, Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, ihre eigene Identität und Persönlichkeit weiterzuentwickeln sowie an berufsrelevanten Fähigkeiten zu schrauben. Wenn die Veranstaltung dazu beiträgt, das Selbstvertrauen von jungen Menschen zu stärken bzw. die Kommunikations- und Artikulationsfähigkeit auszubauen, dann wäre schon viel gewonnen.

(Das Interview führte Marco Heuer im Auftrag von JUGEND Europa.)

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Zur Europäischen Jugendwoche 2015 (27.04. bis 10.05.) hat die EU-Kommission dazu aufgerufen, Idea Labs in allen europäischen Ländern zu organisieren. Junge Menschen sollen Ihre Idee entwicklen und mit maximal 300 Wörtern dafür werben.

Das deutsche Idea Lab beschäftigte sich mit der Frage, wie ein europaweiter "Youth-Take-Over-Day" aussehen könnte. Also, ein Tag, an dem Jugendliche in die Rolle von Entscheidungsträgern schlüpfen, um Partizipation einen sichtbaren Stellenwert zu geben

Ende April stellen sich die Ideen und damit auch der "Youth-Take-Over-Day" der europäischen Öffentlichkeit. Dann wird abgestimmt. 14 Tage lang präsentieren sich die Ergebnisse von über 30 Idea Labs auf dem Europäischen Jugendportal. Aus allen Idea Labs fährt in jedem Fall eine Person nach Brüssel und diskutiert die Vorschläge mit andere Jugendlichen und Politikern.

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