08.12.2014

"Lernziele möglichst konkret benennen" – Tipps für eine erfolgreiche Antragstellung von Jugendbegegnungen in Erasmus+

Wie gestaltet man eine Jugendbegegnung am besten in Erasmus+? Womit beginnt ein solches Projekt? Und wo findet man die passenden Partner? Elke Führer, Programmreferentin bei JUGEND für Europa, erklärt, worauf es bei der Beantragung internationaler Jugendbegegnungen im neuen Förderprogramm ankommt.

JfE: Elke, was macht eigentlich eine gute Jugendbegegnung aus?

Elke Führer: Bei einer Jugendbegegnung geht es darum, dass sich junge Menschen kennenlernen und interkulturell begegnen, dass sie sich persönlich weiterentwickeln und Europa erleben.

Wichtig ist uns immer, dass man dem Antrag anmerkt, dass es nicht nur ein Projekt für Jugendliche, sondern auch eins VON ihnen ist. „Ownership“ ist hier vielleicht das zentrale Stichwort. Wir wollen überzeugt sein, dass sich die Jugendlichen des Themas annehmen, dass sie richtig Lust darauf haben, sich mit Jugendlichen aus anderen Ländern zu treffen und an einer Fragestellung zusammen zu arbeiten.

Darüber hinaus muss das Thema aber natürlich auch etwas hergeben und eine Relevanz besitzen. Alle Beteiligten – ob Projektleiter, Partnerorganisationen oder die Jugendlichen selbst – müssen das Projekt gemeinsam vorantreiben wollen. Das betrifft sowohl Vorbereitung, Durchführung als auch Nachbereitung des Programms.

Ganz wichtig ist natürlich außerdem die Zielsetzung. Ist das Programm stimmig konzipiert? Sind die Lernziele klar benannt? Gibt es eine abwechslungsreiche Methodik? Das sind alles Fragen, mit denen wir uns intensiv beschäftigen. Und natürlich muss das Projekt einen nicht formalen Charakter haben.

Welche Fehler werden denn bei den Anträgen besonders oft gemacht?

Immer wieder erreichen uns Anträge, bei denen die Projekte nicht partizipativ angelegt sind. Ein Projektleiter hat sich beispielsweise ein seiner Meinung nach spannendes Programm ausgedacht. Tatsächlich hat er es aber am Reißbrett konzipiert, allein, ohne Einbindung der Jugendlichen. Die jungen Menschen sind dann nicht nur in der Konsumentenrolle, möglicherweise finden sie das Thema auch längst nicht so spannend.

Zweitens stellen wir fest, dass die Zusammenarbeit von Partnerorganisationen manchmal nicht auf Augenhöhe stattfindet. Da gibt es dann den einen, der sehr engagiert ist und alles organisiert und die anderen laufen nur mit. So etwas wollen wir möglichst vermeiden.

Anträge scheitern auch, weil sie nach Ansicht der Nationalagentur nicht stimmig durchkonzipiert sind. Was bedeutet das genau?

Manche Antragsteller haben große Schwierigkeiten, die Lernziele einer internationalen Jugendbegegnung klar zu benennen und ein konkretes Konzept einzureichen. Wir sagen immer: Die Zielsetzung muss zum Begegnungsprogramm passen.

Ein Sportverein, der einen anderen Sportverein treffen will, um mal zusammen Fußball zu spielen, ist ja ein legitimes Vorhaben. Ein Konzept ist das aber noch lange nicht. Und es wird auch keins mehr draus, nur weil man sein Vorhaben noch bildungsmäßig vielleicht ein bisschen anreichert – mit einem Museumsbesuch etwa oder einem gemeinsamen Kegelabend zur Brauchtumspflege. Was hier fehlt, ist ein roter Faden des Programms.

Dabei geht es um die Frage: Was mache ich wann warum in meiner Jugendbegegnung und zu welchen Ergebnissen führt das? Ein Irrglaube ist es übrigens auch, in einer Jugendbegegnung möglichst alles unterbringen zu wollen. Antragsteller sollten sich besser auf wenige Ziele konzentrieren, die sie dann stimmig mit dem Thema der Begegnung, den konkreten Aktivitäten und der gewählten non-formalen Methodik zu einem runden Konzept zusammenbinden.

Von Anfang an sollte man sich auch überlegen, wo das Ganze hinführen soll, was die Projekt- und Lernergebnisse sein sollen.

Neueinsteiger scheuen sich oft vor dem ersten Antrag. Welchen Rat kannst Du geben?

Mein wichtigster Rat lautet: nicht entmutigen lassen. Wir wissen natürlich, in welchen schwierigen Situationen sich Antragsteller oft befinden. Da gibt es die normale Arbeit und dann soll auch noch die Organisation bzw. Mitarbeit an einer Jugendbegegnung dazukommen. Das schaff ich nicht auch noch, mag so mancher dann vielleicht denken.

Die Erfahrung zeigt uns aber, dass alle Beteiligten im Nachhinein ganz oft von einem Mehrwert für die Gruppe und sich ganz persönlich sprechen. Wir als Nationalagentur helfen, wo es geht. Viele Informationen gibt es über unsere Internetseiten, man kann uns aber auch stets am Telefon mit Fragen löchern.

Wer möchte, kann auch mit uns sprechen, bevor der gesamte Antrag steht. Wir geben gerne schon ein Feedback, wenn uns eine kleine Projektskizze eingereicht wird. Der Antragsteller kann dann ein bisschen besser einschätzen, ob sein Antrag Chancen auf Förderung hat oder ob er sein Konzept noch mal überarbeiten muss.

Hat sich das Format "Jugendbegegnungen" unter Erasmus+ im Vergleich zum Vorgängerprogramm stark verändert?

Eigentlich nicht. Es geht weiterhin darum, dass sich Jugendliche in einem gemeinsam entwickelten Programm kennenlernen, dass sie ihre Persönlichkeit entfalten und bestimmte Lernziele erreichen können und sich mit europäisch und gesellschaftlich relevanten Themen beschäftigen.

Die Programmphilosophie des gesamten Förderprogramms Erasmus+ bildet aber insgesamt einen veränderten Kontext. Für die Jugendbegegnungen bedeutet das etwa: Ein noch stärkerer Fokus liegt auf den Lernergebnissen der Jugendlichen. Beispiel Übergang Schule-Beruf. Hier möchte die Europäische Kommission, dass die non-formalen Lernprozesse  diejungen Menschen nicht nur persönlich weiterbringen. Sie sollen ihre Kompetenzen auch beruflich nutzen können. .

Andere Zielsetzungen sollten in jedem Antrag eine Rolle spielen. Im Einzelnen sind das: Partizipation, interkulturelles Lernen, europäische Bürgerschaft und non-formales Lernen.

Ein stärkeres Gewicht liegt im neuen Programm insgesamt auf den Auswirkungen, die ein Projekt hat. Wie wirkt es sich auf die Jugendlichen, die beteiligten Fachkräfte und Partnerorganisationen, aber auch auf das lokale und das weitere Umfeld aus? Welche Projektergebnisse werden erreicht und wie werden diese dann sichtbar gemacht und verbreitet?

Wie hoch stehen die Chancen derzeit, den Antrag für eine internationale Jugendbegegnung bewilligt zu bekommen?

Die einzelnen Programmländer haben unterschiedliche Quoten, bei uns in Deutschland sieht es aber ganz gut aus. Pro Bewerbungsrunde – es gibt drei im Jahr – werden zwischen 250 und 350 Anträge in der Leitaktion 1 (Jugendbegegnungen, Europäischer Freiwilligendienst, Mobilitätsmaßnahmen von Fachkräften) eingereicht. Die Förderquote lag bisher etwa zwischen 75 und 80 Prozent, in der letzten Antragsrunde 2014 etwas niedriger, da sehr viele Anträge eingegangen sind.

Antragsteller hatten in den letzten Jahren immer wieder beklagt, dass das Bewerbungsverfahren entbürokratisiert werden müsste. Gibt es unter Erasmus+ jetzt einen Zugang, der niedrigschwelliger ist?

Fakt ist, dass man für die Anträge nach wie vor Fleißarbeit aufbringen muss. Trotzdem hat sich der Verwaltungsaufwand in manchen Bereichen reduziert. Wer Jugendbegegnungen finanziell durchkalkuliert, kann jetzt größtenteils mit Pauschalen abrechnen. Das ist schon eine Erleichterung.

Zudem können in einem Antrag beispielsweise mehrere Jugendbegegnungen, ein Fachkräfteprogramm und ein Europäischer Freiwilligendienst beantragt werden, sofern diese einzelnen Aktivitäten gemeinsam ein Gesamtprojekt bilden.

Wie entscheidet die Nationalagentur, welcher Antrag bewilligt und welcher abgelehnt wird?

Im ersten Schritt lesen die Kollegen der Nationalagentur den Antrag allein. Ab einer Förderhöhe von 60.000,- Euro kommt ein zweiter Kollege dazu. Bei Bedarf wird auch immer wieder kollegial im Team gelesen.

Jeder Antrag wird vor dem Hintergrund der Bewertungskriterien, die im Programmhandbuch veröffentlicht sind und die jeder Antragsteller lesen kann, bewertet. So wird er in ein Verhältnis zu allen anderen eingereichten Anträgen in eine Rangfolge gebracht.

Am Ende gibt ein Evaluationskomitee, das mit externen Experten besetzt ist, seinen Vorschlag für die gesamte Förderrunde ab. Ziel ist es, die Auswahl möglichst transparent und objektiv zu gestalten. Die letzte Entscheidung liegt dann beim Leiter der Nationalagentur.

Wie würdest du das Innovationspotenzial der Anträge beschreiben?

Wir bekommen viele gute Anträge, aber natürlich wird nicht bei jedem neuen Projekt das Rad komplett neu erfunden. Das ist aber auch gar nicht nötig. Es gibt klassische Schwerpunkte.

Wichtig ist, dass das Projekt in sich stimmig ist und sich einem relevanten Thema widmet. Unser Ziel ist es, die Qualität zu halten bzw. noch weiter auszubauen.

Und immer wieder sitzen wir hier und denken: Was für ein tolles Projekt. Da sind wir dann wirklich gespannt, was am Ende dabei rauskommt.

­ (Marco Heuer für JUGEND für Europa)

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Alle Informationen und Dokumente zur Beantragung von Jugendbegegnungen im EU-Programm Erasmus+, finden Sie auf unserer Programmseite zu Erasmus+ JUGEND IN AKTION.

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