30.11.2010

JiVE - Die Vielfalt rückt in den Vordergrund

JiVE JUGEND für Europa Weiterentwicklung des Projekts JiVE mit einer diversitätsbewussten Perspektive.

Das Projekt JiVE. Jugendarbeit International – Vielfalt erleben hat gezeigt, dass internationale Jugendarbeit die Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund fördern kann. Umso wichtiger ist es, mehr Jugendlichen mit Migrationserfahrung die Teilhabe an den Formaten der internationalen Jugendarbeit zu ermöglichen. Bei der Auswertungs- und Valorisierungstagung „Gemeinsam. International. Teilhabe junger Menschen ermöglichen“ des Projekts JiVE am 14. und 15. November 2010 in Bonn diskutierten die Teilnehmer daher darüber, wie diese besondere Zielgruppe verstärkt erreicht werden kann.Jugendlicher

Geplant ist, dass in der zweiten Auflage von JiVE 2011 bis 2013 die strukturelle Zusammenarbeit der internationalen Jugendarbeit mit der offenen Jugendarbeit der Kommunen und mit den Migrantenselbstorganisationen sowie den Vereinen junger Migranten intensiviert wird. Um die Stärkung der internationalen Jugendarbeit auf kommunaler Ebene und die Vernetzung mit Jugendsozialarbeit und Jugendmigrationsdiensten wird sich IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland bemühen. Die Festigung und Weiterentwicklung der Kooperation von Migrantenselbstorganisationen/Vereinen junger Migrantinnen und Migranten und Trägern der internationalen Jugendarbeit wird transfer e.V. weiterführen.

Gleichzeitig hat die wissenschaftliche Begleitung des Projekts JiVE aber auch ergeben, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund, die sich zum Beispiel in einer internationalen Jugendbegegnung engagieren, nicht auf ihren Migrationsstatus als herausragendes Merkmal festgelegt werden wollen. Die Jugendlichen nehmen andere Grenzziehungen vor als die der Herkunft, wichtiger sind zum Beispiel Alter, Geschlecht oder persönliche Interessen. Es geht ihnen um die Wertschätzung der Vielfalt und der Unterschiedlichkeiten, und zwar nicht nur in kultureller Hinsicht. Künftig soll daher ein diversitätsbewusster Ansatz in der internationalen Jugendarbeit eine größere Rolle spielen. Diesen inhaltlichen Schwerpunkt voranzubringen, wird die Aufgabe von JUGEND für Europa in JiVE II sein.

Den diversitätsbewussten Ansatz brachte während der Tagung Expertin Anne Sophie Winkelmann den Teilnehmern ihres Workshops näher. Die meisten wussten bis dato nur wenig darüber. Er basiert darauf, dass Menschen gleichzeitig verschiedenen Gruppen angehören. Kategorien wie Geschlecht, Religion, Behinderung, sexuelle Orientierung und sozialer Status, aber auch Beruf, Hobbies und Jugendkulturen prägen die Identität. Die diversitätsorientierte Arbeit will ein Bewusstsein schaffen für diese verschiedenen Differenzlinien, was auch die Wahrnehmung gesellschaftlicher Machtstrukturen beinhaltet. Vorurteile, Zuschreibungen und Diskriminierung werden kritisch thematisiert.

zwei mit Karten

Für die internationale Jugendarbeit ist dieser Ansatz insofern neu, als hier lange Zeit Kulturalisierung zum Konzept gehörte und noch immer gehört. Teilnehmer internationaler Jugendbegegnungen betrachten sich meist vornehmlich durch die Brille der Nationalkultur, die nur einen sehr eingeschränkten und oberflächlichen Blick ermöglicht. Ein Beispiel sind Länderabende als gängiger Bestandteil vieler Jugendbegegnungen, bei denen die jungen Leute oftmals Musik, Tänze und Bräuche als Stereotypen ihrer Landeskultur vorstellen, die häufig mit ihrer Lebenswirklichkeit wenig zu tun haben. Insbesondere für Jugendliche aus Zuwandererfamilien, deren Identität von Einflüssen aus verschiedenen Kulturen geprägt ist, führt das zu Problemen.

Die diversitätsorientierte Arbeit als Weiterentwicklung des interkulturellen Lernens setzt stattdessen auf Empowerment, das heißt auf die Förderung der Stärken und Ressourcen der Jugendlichen. „Ich finde es hilfreich für Teilnehmer von Jugendprojekten, wenn mehr auf das Individuum geachtet wird, weil sie dadurch über sich selbst nachdenken müssen und ein besseres Bewusststein für Verbindendes und Trennendes bekommen“, sagte Workshop-Teilnehmer Eike Totter vom Bund Deutscher Pfadfinder, der bereits Erfahrung mit diversitätsorientierter Arbeit hat.

„Bei JiVE II ginge es damit nicht mehr um Integration“, betont Christof Kriege, Programmreferent bei JUGEND für Europa. Der diversitätsorientierte Ansatz geht über Integration hinaus, indem er auf die Veränderung persönlicher und gesellschaftlicher Bedingungen abzielt. „Wir müssen hier vieles dekonstruieren, was wir mühsam konstruiert haben“, kündigt Kriege an.

Zum Start in das Thema wäre im kommenden Jahr ein Fachforum mit Expertinnen und Experten aus Deutschland denkbar. Anschließend könnten auf einer internationalen Konferenz praktische Hinweise für die Implementierung der diversitätsorientierten Perspektive in die internationale Jugendarbeit gesammelt werden. In einem dritten Schritt wären Trainings und Seminare für die Praktiker der internationalen Jugendarbeit wünschenswert.

Weitere Infos gibt's unter www.jive-international.de.

(Nina Voigt)

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