02.04.2009

InterKulturell kommt auf Touren: Teilprojekt von „JiVE - Jugendarbeit international – Vielfalt erleben“ bringt wertvolle Erkenntnisse

Internationale Jugendbegegnungen können einen relevanten Beitrag zur Integration leisten. Auf einer Nachhaltigkeitskonferenz im März 2009 diskutierten Teilnehmer und Wissenschaftler die ersten Ergebnisse des Kooperationsprojekts "InterKulturell on Tour".

Zwei der wichtigsten Einsichten aus der Durchführung des Modellprojekts lauten:

„Internationale Jugendbegegnungen können einen relevanten Beitrag zur Integration leisten. Sie tragen bei jungen Menschen mit Migrationshintergrund zu einer stärkeren Identifikation mit Deutschland bei.“

und

„Sie können weiterhin dazu führen, dass sich junge Menschen mit Migrationshintergrund mit ihrer individuellen Biographie in der deutschen Geschichte und Gesellschaft besser verorten können.“

Träger internationaler Jugendbegegnungen, wissenschaftliche Begleitung und Projektträger waren sich bei der Nachhaltigkeitskonferenz darüber hinaus einig, dass die Beteiligung an „InterKulturell on Tour“ mehreren Institutionen einen vorher nicht vorhandenen inhaltlichen und fördertechnischen Zugang zur internationalen Jugendarbeit ermöglicht hat. Deutlich wurde auch, dass sowohl der Bedarf als auch die Chancen einer Zusammenarbeit von Trägern der internationalen Jugendarbeit, Jugendmigrationsdiensten, Migrantenselbstorganisationen und der kommunalen Jugendarbeit hoch sind.

"InterKulturell on Tour" will genau das erreichen. Ins Leben gerufen wurde das Projekt von sechs Partnern:

  • transfer e.V.
  • Naturfreundejugend Deutschlands
  • IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland
  • Deutsche Sportjugend
  • VIA (Verband für interkulturelle Arbeit e.V.
  • JUGEND für Europa

Nach einem bundesweiten Beteiligungsaufruf der Initiatoren im Frühjahr 2008 wurden unter den interessierten Trägern Partnerschaften „im Tandem“ gebildet und paritätisch besetzte Leitungsteams geschult.

Sechzehn internationale Jugendbegegnungen und Jugendreisen fanden ab Sommer 2008 bis zum Frühjahr 2009 statt, wissenschaftlich begleitet durch die Kath. Fachhochschule Köln.

Der Rahmen ist JiVE

Das Projekt "InterKulturell on Tour" ist eingebettet in das größere Gesamtprojekt „JiVE. Jugendarbeit international – Vielfalt erleben“, das vom Bundesjugendministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und JUGEND für Europa gefördert wird. Das Modellprojekt wurde von JUGEND für Europa und IJAB - Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V. – entwickelt und verfolgt vor allem drei Ziele:

  • Es soll die verstärkte Teilhabe junger Menschen mit Migrationshintergrund an den Formaten und Feldern internationaler Jugendarbeit fördern.
  • Junge Menschen mit Migrationshintergrund sollen ihre interkulturellen Kompetenzen in Feldern der internationalen Jugendarbeit einbringen, um ihre Teilhabe und Chancen zu verbessern.
  • Und es setzt zudem auf die verstärkte Nutzung der internationalen Jugendarbeit als Mittel der interkulturellen Öffnung und Sensibilisierung der deutschen Mehrheitsgesellschaft.

Ein grundsätzlicher Ansatz von JiVE ist es, die internationale Jugendarbeit strukturell zu vernetzen - sowohl untereinander als auch mit der migrationsbezogenen Jugendarbeit, beispielsweise den Jugendmigrationsdiensten, sowie mit den Selbstorganisationen von Migrantinnen und Migranten. Außerdem dient das Projekt der Fortbildung und Qualifizierung von Fachkräften. Aus den praktischen Erfahrungen und den wissenschaftlichen Erkenntnissen der einzelnen Projekte sollen grundlegende Hinweise auf die Integrationsbeiträge der internationalen Jugendarbeit und ihres Methodenrepertoires für Jugendliche mit Migrationshintergrund gewonnen werden.

Umfangreiche To-do-Liste

Bevor diese Potenziale jedoch genutzt werden können, ist eine intensive Beratung, Coaching und Begleitung der in der internationalen Jugendarbeit unerfahrenen Träger notwendig. Denn als Schwierigkeiten erwiesen sich im Projekt die häufig fehlenden Infrastrukturen der Migranten(selbst)organisationen im Bereich der (nationalen) Jugendarbeit, aber auch die mangelnde Erfahrung deutscher Träger, die bisher nicht in der internationalen Jugendarbeit tätig waren. In beiden Fällen wurden die formalen und logistischen Anforderungen sowohl an die Antragstellung als auch an die Planung und Durchführung von internationalen Jugendbegegnungen oft als zu hoch empfundenen. Von Vorteil erweis sich hier das Model von „Tandems“ zwischen erfahrenen Trägern der Jugendhilfe und weniger erfahrenen.

Hervorgehoben wurde von den Teilnehmenden der Nachhaltigkeitskonferenz die Notwendigkeit einer kultursensibel ausgerichteten Unterstützung insbesondere der Migranten(selbst)organisationen, ergänzt durch eine auf bestimme Zielländer ausgerichtete Datenbank/Internetplattform und einen Referentenpool.

Außerdem forderten die Teilnehmenden einen „Bürokratieabbau“ und Verwaltungsvereinfachungen in der Förderung internationaler Jugendbegegnungen, verbunden mit dem Wunsch nach höheren Fördersätzen, frühzeitigeren Bewilligungen und Mittelabrufen. Finanzielle Ressourcen in der Internationalen Jugendarbeit sollten stärker für die kontinuierliche Sicherung von internationalen Jugendbegegnungen genutzt werden, statt zu sehr die Forderung nach innovativen Projekten in den Vordergrund zu stellen. Kritisch erwähnt wurden die ungleichen Voraussetzungen institutioneller Förderung von Trägern der Jugendhilfe einerseits und Migrantenselbstorganisationen andererseits.

Mehr Unterstützung tut also Not, sowohl durch Zuwendungsgeber wie BMFSFJ und JUGEND für Europa als auch durch kommunale Stellen wie die Jugendämter. Letztere könnten durch den Aufbau eines bundesweiten „Kontaktsystems“ zur Anregung Internationaler Jugendarbeit auf kommunaler Ebene fit für die Beratung von Migranten(selbst)organisationen und für die Internationale Jugendarbeit gemacht werden.

Diskriminierungserfahrungen sind prägend

Die Auseinandersetzung über die verstärkte Teilhabe junger Menschen mit Migrationshintergrund ist gesamtgesellschaftlich betrachtet immer noch am Anfang. Aus der Perspektive der an „InterKulturell on Tour“ beteiligten Projektträger geht es darum, Polarisierungen aufzuheben, eine gemeinsame Zielrichtung sowie gemeinsame Begriffe zu finden. Von Trägern internationaler Jugendbegegnungen als auch von Teilnehmenden beschriebene Diskriminierungserfahrungen bezüglich des Migrationshintergrundes sind prägend und lösen sich mit einer Maßnahme nicht quasi automatisch auf. Die zum Teil erforderliche Selbst-Definition „benachteiligt“ oder „mit Migrationshintergrund“ passt nicht zum Selbstbild der Migranten(selbst)organisationen und der Jugendlichen und kann daher - wenn auch fördertechnisch sinnvoll - im Ergebnis kontraproduktiv wirken. Ein zentrales Fazit der Teilnehmenden an der Nachhaltigkeitskonferenz zu „InterKulturell on Tour“ ist deshalb auch, dass eine noch größere Differenzierung und mehr Sensibilität für ungleiche Zugänge und vorhandene Machtstrukturen erforderlich sind.

Erste Erfahrungen des Projekts „InterKulturell on Tour“ müssen schließlich auch in die europäische Jugendpolitik einfließen und über das Netzwerk der Nationalagenturen des Programms JUGEND IN AKTION intensiv kommuniziert werden.

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Informationen zum Projekt InterKulturell on Tour finden Sie unter www.interkulturell-on-tour.de

Informationen zu „JiVE - Jugendarbeit international – Vielfalt erleben“ gibt es unter www.jive-international.de

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