25.03.2009

Strukturierter Dialog: Regt euch auf, setzt euch ein – denn das ist unser Europa

Strukturierter Dialog ganz kreativ: Jugendliche treffen Politiker und Experten in Solingen.  

„Politiker, die uns hören wollen und die von sich aus vorschlagen, weiterhin mit uns zusammenzuarbeiten – das hat mich am meisten überrascht“, sagt Hannah Faust (19) rückblickend. Ein halbes Jahr lang hat die Schülerin aus Solingen im Projekt „Jugend trifft Politiker“ mitgewirkt und in dieser Zeit gemeinsam mit Politikern, Lehrern und Jugendlichen das Seminar „Braucht Politik mich? Brauche ich Politik? Jugendliches Engagement in einem vereinten Europa“ vorbereitet.

„Schon die Vorbereitungsphase sei ein Dialog auf Augenhöhe gewesen, bemerkt Hannah. „Wir wurden wirklich ernst genommen, auch oder gerade dann, wenn wir andere Meinungen vertreten haben als zum Beispiel unsere Lehrer.“

Projektleiterin Ursula Dörpinghaus, Mitarbeiterin beim „Forum Politik und Geschwisterlichkeit“ in Solingen, erklärt, wie es zu der Idee des Seminar gekommen ist: „Wir fragten uns: Was können Jugendliche noch mit Politik anfangen? Können Politiker und Jugendliche sich heute überhaupt begegnen und ernsthaft miteinander reden?“, erinnert sie sich.

Um das herauszufinden organisierte sie in Kooperation mit mehreren Solinger Schulen, dem Jugendstadtrat und der Europa-Union das viertägige Seminar im Oktober 2008. Es wurde gefördert über die Aktion 5.1 des EU-Programms JUGEND IN AKTION und war Teil des Konsultationsprozesses zu den zukünftigen Herausforderungen Europäischer Jugendpolitik.

Drehen, Rappen, Aufbrezeln für Europa 

65 Jugendliche und junge Erwachsene aus Solingen, Hannover, dem Thüringischen Aue, aus Meinertzhagen im Sauerland sowie aus Litauen, Rumänien und Österreich nahmen an dem Seminar teil. Ihre Motivation unterschied sich kaum von der Hannahs, die sagt: „Ich habe im Sozialkunde-Leistungskurs von dem Projekt erfahren und mich spontan entschieden mitzumachen.“ Für Politik habe sie sich schon länger interessiert und durch ihre Teilnahme viel dazugelernt.  

Das Seminar setzte sich aus verschiedenen Elementen zusammen. In kleinen Infoblöcken vermittelten deutsche und internationale Experten Basiswissen aus den Bereichen Interkulturelle Kommunikation und Medien sowie Politik. „Die Jugendlichen waren sehr interessiert, wir mussten regelmäßig überziehen. Das hat uns gefreut, denn wichtig war uns nicht nur der Input der Experten, sondern vor allem die persönlichen Begegnungen“, sagt Dörpinghaus.

Talkrunden standen auf dem Programm, verschiedene Kurse und Workshops, in denen die Teilnehmer sich kreativ mit Themen auseinandersetzen konnten wie „Interkultureller Dialog und Integration“, „Europäische Union“, „Europa in den Medien“, „Stadt und Europa“ sowie „Politisches Engagement: Frust oder Chance“.

Unter dem Motto „Schöner wählen“ gestalteten die Jugendlichen Plakatwerbungen für die Europa-Wahl, drehten Werbespots, komponierten und mixten „Beats and Rhymes/Music for Europe“ oder erstellten ihre eigene Website.

Der „Dialog auf Augenhöhe“ geht weiter

„Es war spannend zu sehen, wie Jugendliche aus unterschiedlichen Städten und Ländern, mit unterschiedlichem sozialen Hintergrund aufeinander zugehen und zusammenarbeiten“, sagt Hannah. Ihr persönliches Highlight war das offene Gespräch mit vier Bürgermeistern und die abschließende „Blitzfragerunde“ im Plenum.

„Damit sie nicht in altbekannte Muster fallen und zu lange und zu ermüdend reden, hatten sie nur zwei Minuten Zeit zu antworten. Da kamen dann auch Fragen wie: Mit welchem dieser drei Herren würden sie gerne mal in einer Rockband spielen“, erzählt Hannah lachend.

Das Seminar mündete in einer Abschlusskonferenz, auf der die Beiträge präsentiert wurden und die Jugendlichen ihre Wünsche und Vorstellungen zu einer Politik formulierten, an der sie sich als Ideengeber und Mitgestalter beteiligen wollen. „Zwei Vertreter verschiedener Parteien luden die Jugendlichen spontan zu einem Ideenaustausch auf städtischer Ebene in Solingen ein. Ein erstes Treffen hat es schon gegeben, der Strukturierte Dialog geht also weiter“, sagt Dörpinghaus.

2009 wird es im Abstand von zwei, drei Monaten zu ausgewählten Themen einen Dialog mit Experten und Politikern geben. Außerdem fuhren die Teilnehmer im Januar nach Brüssel, wo das Gespräch mit den Politikern fortgesetzt und das im Seminar Gelernte konkret erfahrbar und sichtbar gemacht wurde.

„Die Jugendlichen sind unsere Zukunft, von ihnen hängt ab, wie sich unsere Gesellschaft weiter entwickelt“, erklärt Dörpinghaus mit Nachdruck. Hannah ist zuversichtlich. „Ich habe mir erhofft, zu zeigen, dass Politik Spaß machen kann. Und dass die Politiker bei der Abschlusskonferenz auf uns zugegangen sind, zeigt doch, dass wir Jugendliche wirklich etwas bezwecken können.“

(Susanne Zdrzalek)

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Weitere Informationen zu dem Projekt gibt es unter www.brauche-ich-politik.de, der Homepage der Jugendlichen. Hier finden Sie auch Ergebnisse der Themenworkshops.

Unter www.fokolar-bewegung.de gibt es Informationen zum Initiator „Forum Politik und Geschwisterlichkeit Solingen“ und seinen Projekten.

Der Strukturierte Dialog versteht sich als Instrument zur aktiven Einbeziehung von Jugendlichen in die Debatten, wie europäische (Jugend-)Politik gestaltet werden soll. Gemäß eines „bottom-up-Konzepts“ sollen Jugendliche von der lokalen und regionalen über die nationale Ebene an europäischen Debatten beteiligt werden.
Der Strukturierte Dialog wird über das EU-Programm JUGEND IN AKTION gefördert.

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