05.10.2017

Engagement für Europa: Glücksgefühle und ein Plan B bei EuroPeer-Schulung

Plakat mit der Überschrift "Tips and Tricks". Davor sitzt eine Frau im EuroPeer-T-Shirt mit der Aufschrift "Sharing Europe"

Seit zwölf Jahren bildet JUGEND für Europa seine EuroPeers aus. Dass das Projekt immer erfolgreicher und internationaler wird, ließ sich auf der letzten Schulung in Bonn beobachten. 21 Teilnehmende aus acht Ländern haben sich in fünf Tagen mit der Frage beschäftigt, wie sie ihre Erfahrungen mit Europa am besten an andere junge Menschen weitergeben. Und das funktioniert auf vielfältige Weise.

Ein bisschen Nervosität war dann doch dabei, als Tina Wicke mit ihren Mitstreitern im Klassenzimmer der Erzbischöflichen Liebfrauenschule in Bonn steht. Für die 16-bis 18-jährigen Schüler sollen sie eine Englisch-Stunde gestalten und ihr Know-How über die europäischen Mobilitätsprogramme so fundiert und abwechslungsreich wie möglich rüberbringen. Auf Englisch versteht sich.

Eine Herausforderung für alle sechs EuroPeers, die sich diese Aufgabe bei der Schulung freiwillig ausgesucht haben. "Wir wollen Begeisterung fürs Ausland vermitteln und die Chancen von Freiwilligendiensten und Jugendbegegnungen erläutern", erzählt die 31-jährige Tina aus Halle an der Saale. Die gelernte Buchhändlerin hat ihren EVS in einer Außenstelle der Brücke-Most-Stiftung in Prag absolviert. Jetzt studiert sie Kultur und Medienpädagogik in Merseburg.

"Ich bin gespannt, ob unser Konzept aufgeht. So viel Zeit hatten wir für die Vorbereitung ja nicht. Aber selbst wenn etwas nicht so hinhauen sollte wie geplant, mit unserer Leidenschaft bekommen wir das schon gerade gerückt." Was folgt, ist kurzweiliger Unterricht. Und staunen gehört dazu.

Zum Beispiel, als die erst 19-jährige Sara Dimtsu aus Großbritannien wie selbstverständlich schildert, wie ihr die verschiedensten Projekte in Kroatien, Portugal, Spanien und Tschechien "einfach Lust auf mehr gemacht haben." Im Zentrum der Schulstunde steht ein Spiel über die Auswirkungen des Brexit. Die Schüler repräsentieren verschiedene Länder und dürfen nach einem vorgeschriebenen Szenario Waren kaufen und wieder verkaufen. Erst ist Großbritannien dabei, dann nicht mehr.

Diskutiert wird schließlich über die Auswirkungen für die EU. Die Schüler der Liebfrauenschule sind mit großem Engagement dabei. Das Konzept ist aufgegangen, die EuroPeers zufrieden. "Ich denke schon, dass ein kleiner Funke übergesprungen ist", erzählt der 31-jährige Borislav Dimitrov aus Bulgarien. "Ob die Schüler hier jetzt selbst mal an einem Mobilitätsprogramm teilnehmen wollen, können sie nach so kurzer Zeit natürlich noch nicht sagen, aber wir haben ja genügend Infomaterial dabei. Das kann sich jeder dann in Ruhe anschauen", sagt Borislav.

Immer mehr Praxis

Zeitgleich in der Fußgängerzone von Bonn. Sechs weitere EuroPeers versuchen es mit der Ansprache im öffentlichen Raum. Eine nicht minder große Herausforderung. Ausgestattet mit Europa-Landkarte, Flaggen und Flyern gehen sie auf Tuchfühlung mit der Bevölkerung.

"Was fasziniert Sie an diesem Land?", will der Niederländer Ferdy van Maanen (20) von einem Spaziergänger wissen. Der antwortet, es sei der Apfelkuchen in der Ukraine, für einen anderen ist es der Whisky in Irland. Eine Dritte findet den Buchweizen in Kaliningrad "ganz bemerkenswert".

"Natürlich kostet uns das alle schon ein bisschen Überwindung, aber wir machen es ja für eine gute Sache. Und vom EuroPeer-Projekt sind wir eben überzeugt“, berichtet die aus Bayern stammende Karin Wallner (20). Etwa zwei Dutzend Bürger lassen sich auf ein Gespräch mit ihnen ein. Karin ist zufrieden: "Wir hatten mehr Leute bei uns als die Zeugen Jehovas da drüben. Ich finde, das Ergebnis kann sich sehen lassen."

Plan B hilfreich

Andere EuroPeers wiederum produzieren einen zweiminütigen Videofilm über „Erasmus+ Youth in Action“ und die Frage, was es bedeutet, in Europa aktiv zu sein. Auch solche Arbeiten erledigen EuroPeers inzwischen ganz souverän. Dass Planung und Realität auch mal zweierlei sein können, muss die Gruppe erfahren, die im Jugendzentrum auf Europavermittlung setzt. Gekommen waren lediglich zwei sieben und neun Jahre alte Jungen, die kein Englisch konnten.

"Es lohnt sich eben immer, einen Plan B parat zu haben", resümiert die Polin Natalia Kacperska nicht ohne Süffisanz, "wir haben dann eben was gespielt, hat auch Spaß gemacht."

Ausbau des Netzwerks

Der starke Praxisbezug ist inzwischen ein Kernelement der EuroPeer-Schulungen. Gelernt und ausprobiert werden soll schon vor Ort. "Wir wünschen uns ja, dass die EuroPeers bereits innerhalb von drei Monaten nach der Fortbildung erste Projekte in ihrem Heimatland durchführen und da haben wir festgestellt, dass die Hürden niedriger sind, wenn sich die Teilnehmenden bereits in der Schulung maximal ausprobieren und vernetzen können", sagt Trainerin Dorit Fauck.

Verbesserungsbedarf sehen die Ausbilder aber auch noch. "Für die EuroPeers in Deutschland gibt es eine tolle Landkarte, auf der man sieht, wer wo aktiv ist", erzählt Trainer Melih Özkardes, "Für Europa fehlt uns diese Karte aber noch. Ich denke, wir können und müssen bei der Online-Vernetzung da noch zulegen."

Neben Deutschland sind die EuroPeers derzeit vor allem in Großbritannien und Österreich mit vielen Projekten im Einsatz. Und der Schulungsbedarf lässt nicht nach. "Inzwischen haben wir mindestens drei internationale EuroPeers-Schulungen im Jahr", freut sich Dorit Fauck. Zusammen mit ihrem Kollegen Melih ist sie so etwas wie ein EuroPeer-Urgestein und "gefühlt schon ewig dabei". Die Teilnehmenden selbst sind – wie bei EuroPeer-Schulungen inzwischen üblich – mal wieder mit einem „Glücksgefühl“ nach Hause gefahren.

Einige von ihnen haben den Wunsch geäußert, dass die Agentur das von ihr bereitgestellte Infomaterial an der einen oder anderen Stelle noch mal für bestimmte Zielgruppen überarbeitet. Andere wünschen sich grundlegend noch mehr Europa-Hintergrundwissen für eine Schulung. Für alle aber gilt: Das nächste Projekt wartet auf Realisierung. Denn ausufernde Passivität, das wurde auf der Schulung mal wieder deutlich, kennen die EuroPeers ja nun wirklich nicht.

(Marco Heuer im Auftrag von JUGEND für Europa)

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Link: Mehr Informationen zu den EuroPeers bekommen Sie hier...

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