01.09.2011

Erstes EFD-Rückkehrerevent in Deutschland: Auf den Weg gebracht

Die EU will die Rückkehrer-Seminare für Europäische Freiwillige als größere Events organisieren – mit mehr Teilnehmern und mehr Außenwirkung. In Weimar fand Ende Juli eine erste solche Veranstaltung statt - als dreitägiges Potpourri aus Open Space, Kunst- und Kreativräumen, Musikangeboten und Podiumsdiskussion. Marco Heuer war an dem Wochenende dabei.

Zur Sache EFD, zur Sache Europäischer Freiwilligendienst. Zugegeben, ganz neu klingt so ein Name nicht. Doch es geht pointiert zu während der Podiumsdiskussion, deren Vertreter nicht müde werden, Forderungen an die Politik zu adressieren. Der pädagogische Leiter der Europäischen Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte Weimar (EJBW), Ulrich Ballhausen, formuliert es so: "Meine Vision ist, dass jeder Jugendliche in Deutschland einmal die Möglichkeit hat, an internationalen Maßnahmen teilzunehmen. Der EFD ist ein ideales Instrument auf verschiedenen Ebenen. Er hinterlässt positive Spuren bei Freiwilligen und Trägern."

Das erste Rückkehrer-Event: ein Modellprojekt

Und dann holt Ballhausen noch einmal tief Luft, so, als hätten sie ihn in Brüssel bislang nur noch nicht richtig verstanden. "Wenn ich mir anschaue, dass die EU für den EFD in Deutschland gerade mal drei Millionen Euro im Jahr zur Verfügung stellt, dann ist das eine lächerliche Summe – da ist schon Portokasse nicht mehr das richtige Wort."

Kräftiges Nicken auf dem Podium, das neben Ballhausen aus Vertretern der Arbeitgeberseite (Gedenkstätte Buchenwald), des Thüringischen Landtags, JUGEND für Europa und einer ehemaligen Freiwilligen zusammengesetzt war – noch kräftigeres Nicken im Publikum. Da saßen sie, die 44 Europäischen Freiwilligen, die bis zu einem Jahr fern der Heimat verbracht hatten und nun die ersten Teilnehmer dieses so genannten Rückkehrer-Events waren.  

In monatelanger Kleinarbeit hatten die Bildungsträger EJBW und KURVE Wustrow das Event vorbereitet. Berücksichtigt wurden bei der Planung des Modellprojekts die von der EU-Kommission gewünschten Elemente wie "Vernetzung der Freiwilligen", "Auswertung des EFDs" und "Promotion des EFDs". Methodisches Herz der Veranstaltung war ein open space. Dort sollten die Freiwilligen vor allem ihre individuellen Auswertungswünsche sowie Vernetzungs- und Austauschbedürfnisse thematisieren – und natürlich ihre im EFD erworbenen Erfahrungen darstellen.

Vom Open Space zum Kreativraum

Jule Megerle hat sich schon einen ganzen Vormittag im Kreativraum aufgehalten. Die 20-Jährige aus Schwäbisch-Hall verbrachte ihren EFD in England. Jetzt will sie einfach mal abschalten. "Im Kreativraum kann ich am besten reflektieren, alles andere ist mir hier zu kopflastig", sagt sie und kritisiert die neue Event-Idee: "Mir sind das zu viele Leute. Und ich finde, dass eine Übernachtung ausreichen würde. Seit einem Monat bin ich aus dem Ausland zurück. Ich stecke schon wieder in einer ganz anderen Lebensphase. Da ist meine Motivation für Small-Talk nicht mehr so groß."

Nicht alle teilen die Kritik in dieser Form. Gegenüber von Jule sitzt die 24-jährige Anne-Kathrin Fähnel aus Halle. Sie feilt gerade an ihrer so genannten "Ego-Collage". Aus Zeitungen ausgeschnittene Worte liegen vor ihr: "Gold", "Majestät", "sexy" steht da geschrieben. Auch Anne-Kathrin nennt ihre Grundmotivation eher bescheiden. Ihr Hauptkritikpunkt ist aber der zeitintensive Open Space. "Ich habe den Eindruck, dass viele Teilnehmer nicht mit der Freiheit umgehen können, die ihnen angeboten wird", sagt Anne-Kathrin.

Sie steht nicht allein da mit Ihrer Kritik. Auch Christof Kriege, Programmreferent bei JUGEND für Europa, sieht Nachbesserungsbedarf. "Ich glaube, dass so ein Format für Rückkehrer schon richtig ist. Aber es plätschert alles ein bisschen dahin, das ist schade. Die Freiwilligen nutzen den selbstorganisierten Raum zu wenig für sich." Kriege macht sich bereits Gedanken, wie es in Zukunft besser laufen könnte. Im Oktober sollen bei einer Tagung in Hannover die Ergebnisse gebündelt und am Konzept weiter gefeilt werden.

Julia Oehlert gefällt das. Die 21-jährige Freiburgerin wünscht sich, dass die EFDler unmittelbar nach ihrer Rückkehr aus dem Ausland an solchen Events teilnehmen können. "Je mehr Zeit dazwischen liegt, desto eher schließt man ab. Dann ist man nicht mehr offen für Neues."

Julia genießt die Angebote des Open Space. Die Themen – so vielfältig wie die Teilnehmer selbst. Fotopräsentationen über Russland werden ebenso angeboten wie Diskussionen über die EU-Grenzagentur Frontex, dazu Veranstaltungen mit Eye-Catcher-Charakter: "Ich fiel in ein Loch" oder "EFD – Europäische Freiwillige Droge – gibt´s noch mehr so krasse Sachen?".

20 Themen für sechs Zeitschienen, Angebote gibt es genügend in Weimar. Mitorganisator Tobias Kley zeigt sich zufrieden mit dem ersten Pilotversuch, auch wenn er sich mehr tiefergehende Themen gewünscht hätte. "Die Kombination aus Open Space und Kreativraum hat prinzipiell gut funktioniert. An Details werden wir noch basteln", sagt der Bildungsreferent der EJBW.

Entbürokratisierung ist wichtig

Dabei gab es schon Ende Juli einige Details zu bestaunen, die durchaus zum Schmunzeln anregten. "Hallo, hier spricht Dein Europa. Wie wirkt Dein EFD für Europa?", fragte die Stimme auf einem digitalen Anrufbeantworter. Wer seine Gedanken nicht auf Festplatte verewigen wollte, konnte sich an der endlos wuchernden Zeitung austoben. Und dann war da ja noch die Podiumsdiskussion, an der auch Holger Obbarius von der Gedenkstätte Buchenwald teilnahm. Er forderte die Politik auf, den "bürokratischen Aufwand für EFD-Anträge deutlich zu reduzieren".

EJBW-Leiter Ballhausen stellte klar: "Wenn wir nur noch Studierende erreichen, dann können wir das Programm gleich in die Tonne kloppen." Und auch Mariella Loock, die 19-jährige Freiwillige aus Braunschweig, machte deutlich, was sie sich eigentlich am meisten wünscht: Gleichheit der Projekte und bessere Bedingungen für alle, die als Freiwillige ins Ausland gehen wollen. Zu der Sache EFD – da waren sich alle einig – wird es auch in Zukunft noch einiges zu sagen geben.

(Text: Marco Heuer / Fotos: David Außerhofer)

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Mehr zum Thema: Interview mit Julia Motta - Bildungsreferentin für Interkulturelles Lernen und gesellschaftliches Engagement an der EJBW und eine der vier Hauptorganisatoren des Events.

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Weitere Stimmen vom Rückkehrer-Event finden Sie auf www.youthreporter.eu.

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Den Event organisiert haben die Europäische Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte (EJBW) und die KURVE Wustrow.

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