16.01.2009

Strukturierter Dialog - Schiffstour auf europäisch

Meckern, Meinung bilden, Mitreden: Strukturierter Dialog auf der Elbe

Man nehme 700 Jugendliche, ein Schiff auf der Elbe und ganz viel Europa – so die Idee des Projektbüros EXCHANge in Sachsen-Anhalt. Die Aktion hatte ein erklärtes Ziel: Den Strukturierten Dialog voranzubringen.

„Viele junge Menschen haben ein verzerrtes oder gar kein Bild von Europa“, erklärt Projektleiter Christian Scharf, Referent für internationale Jugendarbeit der Landesvereinigung Kultureller Kinder- und Jugendbildung Sachsen-Anhalt. „Das wollen wir ändern, indem wir ermöglichen, dass sich Jugendliche direkt mit europäischen Themen auseinandersetzen. Sie sollen sich aktiv am europäischen Gestaltungsprozess beteiligen und ihn mitgestalten – und das auch auf lokaler und regionaler Ebene.“

Die „europäische“ Schiffstour des Projektbüros EXCHANgE nahm während der Europa-Woche im Mai Kurs. Sie begann montags in Wittenberg und endete freitags in Tangermünde. An fünf Haltepunkten strömten jeweils 120 bis 150 Jugendliche im Alter zwischen 14 und 19 Jahren an Deck. Die angemeldeten Jugendlichen hatten sich im Voraus auf das Projekt vorbereitet, und so wurde auf der Elbe eifrig in Workshops diskutiert: Was hat Europa mit mir zu tun? Welche Chancen und Möglichkeiten habe ich? Wie leben Jugendliche aus anderen Ländern?

An Deck beantworteten lebendige Litfasssäulen Fragen zu Mobilitätsmöglichkeiten im Ausland. Nachmittags gab es eine Jobbörse sowie Infoveranstaltungen rund um das Thema „Arbeiten in Europa“. Und schlussendlich wurde in einer Talkrunde mit Politikern aus der Region geklärt, was Europa für die Jugend tut und welche europäischen Entscheidungen einen direkten Einfluss auf das Leben der Jugendlichen in Sachsen-Anhalt haben.

Unter den Europäischen Freiwilligen an Deck war auch Karine Paravis. Die 24-Jährige Französin kam 2006 im Anschluss an ihren Bachelor in Geschichte nach Sachsen-Anhalt. „Mir hat die Organisation der Europa-Projekte von EXCHANgE so viel Spaß gemacht, dass ich länger geblieben bin – als Assistentin“, erzählt Karine lachend. Sie weiß, wie europäisches Miteinander funktionieren kann und hofft, manch einem Jugendlichen die Hemmschwellen genommen und Vorurteile abgebaut zu haben. An ihr schönstes Erlebnis während der Schiffsreise erinnert sie sich gerne: „Ein Jugendlicher kam im Anschluss an den Workshop zu mir, um die Adresse meiner alten Schule zu erfahren. Er will gemeinsam mit seinen Lehrern eine Schulpartnerschaft aufzubauen.“

Ein Schiff voller Visionen

Im Anschluss an die Workshops konnten die Jugendlichen ganz im Sinne des Strukturierten Dialogs ihre Wünsche und Vorschläge für die EU-Politik loswerden. Aufgeschrieben auf Zetteln, eingeworfen in den Rumpf eines Modell-Holzschiffs. „Die insgesamt 550 europäischen Visionen haben wir zusammengefasst und Anfang Juni an Günter Verheugen, Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, überreicht“, erklärt Scharf.

Damit war das Programm für die Teilnehmer aber noch nicht abgeschlossen. Am ersten Juli-Wochenende kamen in Magdeburg Vertreter der verschiedenen Schulen und Jugendgruppen erneut zusammen. In Workshops erarbeiteten sie zu den vier Themen „Umwelt, Globalisierung, Interkultureller Dialog und Bildung“ einen jugendgerechten (und realistischen) Forderungskatalog an Europa.

„Damit haben wir ein weiteres Ziel des Strukturierten Dialogs erreicht. Die Verbindung zwischen Partizipation und Mitsprache auf lokaler, regionaler und europäischer Ebene“, so Scharf. Die Forderungen wurden übersetzt und sollen in den europäischen Meinungsbildungsprozess einfließen.

Nach dem Fluss: Der Berg

Der Plan für nächstes Jahr steht auch schon. Es geht hoch hinauf, mit der Bergbahn auf den Brocken, den höchsten Berg Sachsen-Anhalts. Die Waggons werden zu Infopunkten umfunktioniert. „Wir lernen auch jedes Jahr dazu und wollen jetzt einen Schritt weiter gehen“, sagt Scharf. Diesmal müssen die Jugendlichen im Vorfeld ein konkretes Projekt erarbeiten und auf dem Brocken vorstellen. Die Informationen, die sie während der Fahrt hinauf mitnehmen, sollen sie an ihre Schulen tragen. Europa geht also weiter.

(Susanne Zdrzalek)

Info:

Weitere Informationen zu „Europa geht weiter“ und zum Projektbüro EXCHANgE gibt es im Internet unter www.jugend-lsa.de/exchange bzw. www.europa-geht-weiter.de. Hier findet man auch eine Liste mit Terminen und Anmeldeformulare zu verschiedenen Aktionen. 

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Der Strukturierte Dialog versteht sich als Instrument zur aktiven Einbeziehung von Jugendlichen in die Debatten, wie europäische (Jugend-)Politik gestaltet werden soll. Gemäß eines „bottom-up-Konzepts“ sollen Jugendliche von der lokalen und regionalen über die nationale Ebene an europäischen Debatten beteiligt werden.
Der Strukturierte Dialog wird über das EU-Programm JUGEND IN AKTION gefördert.

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