05.10.2007

„Valorisierung nützt allen!“

Seit Januar 2007 ist Valorisierung in Jugendprojekten Pflicht. Was sich dadurch ändern wird, fragten wir Pierre Mairesse, den Direktor für Jugend in der Europäischen Kommission.

Herr Mairesse, viele Projektträger haben inzwischen von der Einführung der Valorisierung im Programm JUGEND IN AKTION erfahren; vielen ist aber noch nicht klar, was damit gemeint ist. Was heißt Valorisierung denn nun genau?

Hinter der Strategie der Valorisierung steht die Absicht, Projekte nicht allein zum Nutzen der Teilnehmer zu organisieren, sondern immer auch zum Nutzen anderer Jugendlicher und Jugendorganisationen. Es reicht nicht, den Nationalagenturen und der EU-Kommission einen Projektbericht zu schicken. Es geht um mehr. Die Erfahrungen und Ergebnisse sollen sich verbreiten – unter Jugendlichen, in lokalen Gemeinschaften, in der Presse, unter Politikern. Es soll dabei nicht nur geschildert werden, was perfekt lief. Genauso können andere von schlechten Erfahrungen lernen, auch wenn wir sie natürlich keinem Projekt wünschen. Valorisierung soll auf drei Ebenen stattfinden: Erstens auf der Ebene der Grassroot-Projekte, zweitens in Projekt-Netzwerken und drittens auf der Ebene des Programms selbst.

Was bedeutet das für die Projektträger?

Wir möchten, dass jedes Projekt eine eigene Valorisierungsaktion durchführt. Die kann ganz unterschiedlich ausfallen: Sie kann auf andere junge Menschen abzielen oder auf die lokale Gemeinde; auf die lokale Presse oder auf die Europäischen politischen Institutionen. Jedes Projekt soll seine Erfahrungen weitergeben. In welcher Weise das geschieht, steht jedem frei, wir möchten kein Modell vorschreiben. Denn die Valorisierung soll als Teil des jeweiligen Projektes verstanden werden. Sie muss auch nicht zu kompliziert sein, aber mindestens eine Aktion pro Projekt beinhalten – das ist die Idee.

Und diese Projekte sollen sich auf einer zweiten Ebene vernetzen?

Genau, wir möchten mehr Projekte organisieren, in denen sich kleine Projekte verbinden – ich nenne sie Dach-Projekte. Zu jeder Priorität im Jugendprogramm sind tausende von Jugendlichen aktiv. Es wäre interessant, ihre Projekte zu verknüpfen, um sie gemeinsam zu bewerten, voneinander zu lernen, gemeinsame Leitfäden herauszubringen, zusammen politische Statements abzugeben. Diese soll sich sowohl auf lokaler als auch auf nationaler und europäischer Ebene vollziehen. Das ist die zweite Ebene der Valorisierung.

Wie sähe das in der Praxis aus?

Nehmen wir regionale Beteiligungsprojekte: Wenn sich lokale Jugendräte vernetzen, können sie gute Praktiken austauschen und ähnlichen Projekten in anderen Regionen ihre Hilfe anbieten. Oder Streetworker, die mit stark benachteiligten Jugendlichen arbeiten: Hier gibt es viele großartige Projekte, und ich denke, wir müssen sie für eine gemeinsame Valorisierung zusammenbringen. Das würde auch den Grassroot-Projekten zu mehr öffentlicher Wahrnehmung verhelfen.

Die meisten Projektträger haben bislang keine Erfahrungen mit Valorisierung gemacht – können sie auf Unterstützung aus Brüssel setzen?

Valorisierung soll natürlich nicht zu einer komplizierten Angelegenheit werden. Wir werden in unseren Programm-Guide eine Anleitung aufnehmen. Daran arbeiten wir momentan. Mit den Nationalagenturen und ihren Multiplikatoren werden wir uns darüber austauschen, wie konkret Rat und Hilfe erteilt werden kann. Manche Valorisierungs-Aktionen benötigen zusätzliche Gelder – zum Beispiel, wenn eine Broschüre gedruckt werden soll. Für diese Fälle sieht das Programm finanzielle Unterstützung vor. Aber im Normalfall sollte ein Valorisierungs-Vorhaben keine Kosten produzieren und junge Menschen direkt ansprechen.

Wird das gesammelte Wissen der Valorisierungen zentral zugänglich gemacht?

Wir haben bereits ein digitales Management-Tool für Jugendprojekte und dort werden wir nun auch die Valorisierungs-Ergebnisse einspeisen – sicherlich nicht alle, aber die wichtigsten. Im nächsten Schritt möchten wir einen breiten Zugang zu dieser Datenbank eröffnen, in dem wir ein benutzerfreundliches System aufbauen. Wir haben bereits einen Namen dafür: Das EVE-System. Doch hier sind wir noch in der Phase der Machbarkeitsstudien.

Rechnen Sie damit, dass sich Projekte im Programm JUGEND IN AKTION durch die Valorisierung verändern werden?

Die Verpflichtung zur Valorisierung wird sicher auch die Programmplanung vieler Projekte beeinflussen. Aber das ist gar nicht unser wichtigster Gedanke dahinter. Ich bin vielmehr überzeugt, dass die Valorisierung den Einfluss der Projekte steigern wird – auf lokale Gemeinschaften, auf die nationalen Gesellschaften, auf das Programm und auf Europa. Mit der ersten Welle neuer Projekte wird sicher nicht alles perfekt laufen. Natürlich werden wir 2007 aus den praktischen Erfahrungen manche Lektion lernen. Von da an werden wir besser und besser werden. Wir haben mehr als 10.000 Grassroot-Projekte im Jahr. Wenn jedes einzelne davon valorisiert, dann wird das fantastisch!

Das Interview führte Andreas Menn.

Mehr zum Thema Valorisierung im Programm JUGEND IN AKTION finden Sie hier.

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