28.06.2019

"Es sind menschliche Erlebnisse, die unsere Gesellschaft verändern"

Am 22. Mai 2019 kamen Träger und Organisationen, die jungen Menschen aus Europa ein soziales und solidarisches Engagement in Deutschland ermöglichen möchten, zur Basisschulung "Einstieg.ESK" in Köln zusammen. Damit machen sie einen wichtigen Schritt zu einer erfolgreichen Förderung europäischer Zusammenarbeit - und füllen das Programm Europäisches Solidaritätskorps mit Leben.

Die Organisationen, die in Köln in kleiner Runde zusammenkommen, haben alle vor, Freiwillige aus Europa in ganz unterschiedlichen Projekten unterzubringen und das erforderliche Qualitätssiegel bereits erhalten. Nun informieren sie sich bei der Veranstaltung „Einstieg.ESK“, welcher Schritt im Ablauf der Antragstellung als Nächstes ansteht. Bei der Schulung werden die Fragen geklärt, welche Formate das Programm bietet - etwa Freiwilligendienst oder Freiwilligenteams - und die notwendigen Tools gezeigt, damit Organisationen und Freiwillige zusammenfinden. Wichtigster Termin für alle: Bis zur Antragsfrist am 1. Oktober, 12 Uhr, wollen sie einen Förderantrag im Europäischen Solidaritätskorps stellen.

Neue Impulse aus der Heimat der Freiwilligen

So zum Beispiel Verena Rönneper, Assistentin der Geschäftsführung bei der Lebenshilfe Kreisvereinigung Ahrweiler e.V.. Das Lebenshilfehaus ist ein stationäres Wohnheim für 36 Menschen mit geistiger Behinderung und stellt zwei Freiwilligenplätze zur Verfügung. Die Freiwilligen werden in alle Abläufe integriert und begleiten in die unterschiedlichen Werkstätten. Erfahrungen mit dem sozialen Engagement junger Menschen sind über den BFD und das FSJ reichlich vorhanden, die europäische Dimension ist für die Einrichtung jedoch neu. „Wir haben die Arbeit mit jungen Menschen immer als sehr bereichernd empfunden“, erklärt Rönneper die Motivation. So solle auch die Erweiterung des Radius auf Europa neue Impulse bringen. „Die Freiwilligen bringen ein Stück ihrer Heimat mit.“

Der Träger habe im Vorfeld zunächst Bedenken aufgrund der Sprachbarriere gehabt. „Für Menschen mit geistigen Behinderungen ist eine andere Sprache verwirrend. Sie haben schon andere Einschränkungen.“ Deswegen wünsche man sich, dass die Freiwilligen erste Deutschkenntnisse bereits bei Ankunft erworben haben. Nun hofft sie, dass eine Win-win-Situation entsteht. „Wenn alles funktioniert, können wir nicht nur die Barrieren mancher Mitarbeiter umwerfen, sondern das Projekt auch ganz anders für unsere Öffentlichkeitsarbeit nutzen.“

Das Europäische Solidaritätskorps ist, wie die Referentin Christin Voigt darstellt, ein noch recht junges Programm. Bis zum Ende der Laufzeit im Dezember 2020 sollen insgesamt 100.000 junge Menschen zwischen 18 und 30 Jahren die Möglichkeit erhalten, sich solidarisch zu engagieren und ihre Persönlichkeit zu entwickeln. „Ihre Erlebnisse“, so Voigt, „verändern unsere Gesellschaft.“ Eine wichtige Priorität des ESK liege deshalb auch darin, benachteiligten Jugendlichen einen Platz anzubieten, etwa im Kurzzeit-Freiwilligendienst oder innerhalb eines Freiwilligenteams (jeweils für zwei Wochen bis zwei Monate).

Erwartungen definieren und so Abbruchquoten verringern

So ein Freiwilligenteam, bestehend aus 16 Freiwilligen, wird im Sommer erstmals in der Jugendakademie Walberberg erwartet. Im Rahmen des Projektes „Europa für alle“ sollen über einen Zeitraum von zwei Jahren Freiwillige entsendet und aufgenommen werden. In Walberberg unterstützen sie während ihres Aufenthalts die internen Abläufe, übernehmen Bürotätigkeiten und entwickeln eigene kleine Projekte. „Sie können zum Beispiel ein Kunstprojekt in einer nahe gelegenen Grundschule anbieten. Kinder sind sehr offen für interkulturellen Austausch,“ erklärt Projektmitarbeiterin Dorothea Ewald. Der Fokus des Programms liege dabei auf der Integration Jugendlicher mit geringen Chancen. „Wir sind in dem Bereich stark unterrepräsentiert.“ Über eine lokale Einrichtung in den Partnerländern Bulgarien, Italien und Schottland nimmt die Akademie Kontakt zur Zielgruppe auf. Wünsche, Vorstellungen und Ziele werden ausgelotet; es folgen Motivationsschreiben und Lebenslauf sowie ein Gespräch via Skype. „Die Abbruchquoten werden verringert, wenn die Erwartungen aller Beteiligten ganz klar sind!“

Wie recht sie hat, zeigt Gast Milica Kostić. Die 26-jährige Freiwillige aus Serbien schrieb nur eine einzige Bewerbung und bekam im Herbst 2018 einen Platz in ihrer gewünschten Aufnahmeorganisation: der Auslandgesellschaft.de e.V. in Dortmund. Hier unterstützt sie die Pressearbeit, entwirft Flyer und Plakate und organisiert Veranstaltungen. „Ich bekomme über das Programm alles, was ich mir immer gewünscht habe“, schwärmt sie. „Mir war vor allem der Bereich wichtig: Gesellschaft, Integration und Politik.“ In den letzten Monaten stellte sie sich mutig allen Hürden. Am Anfang waren Mails und Telefonate auf Deutsch eine Herausforderung. Ende Mai ist sie nun soweit, ihre erste Veranstaltung zu moderieren und darauf besonders stolz. Das Thema könnte nicht besser passen: „Wie ist Integration möglich?“

Wie gelingt ein positives Feedback der Freiwilligen?

Für Terra Tech liegt die Teilnahme am Europäischen Solidaritätskorps quasi auf der Hand. Die Organisation koordiniert über 400 Förderprojekte in 53 Ländern, vor allem im Bereich Entwicklungszusammenarbeit. Christian Schmetz, zuständig für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, möchte, dass der Freiwillige einen kompletten Projekt-Cycle von sechs bis zwölf Monaten miterlebt und beim Fundraising für den Charity-Adventskalender unterstützt. Im Gegenzug möchte Terra Tech mit dem ESK sein europäisches Engagement zurück ins Bewusstsein bringen: „Wir haben so viele weltweite Projekte, dass viele Menschen vergessen, dass wir auch in Europa, vor allem in Bosnien und Bulgarien, tätig sind.“ Sprachliche Barrieren sehe er durchaus, ist aber im Umgang mit ihnen entspannt. „Wir sind als Team interkulturelle Arbeit gewohnt.“

(Julia Schay-Beneke für JUGEND für Europa)

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Weitere Informationen zur Veranstaltung Einstieg.ESK: www.jugendfuereuropa.de/veranstaltungen/einstieg-esk/

Informationen zum Europäischen Solidaritätskorps: www.solidaritaetskorps.de

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