05.10.2015

20 Aussteller, 250 Engagierte: Auf der Zukunftsbörse umwarben NGOs die EFD-Heimkehrer

Es ist leider nicht so, dass heute die Unternehmen und Organisationen jungen Menschen die Jobs hinterher tragen. Eigentlich. Auf der Zukunftsbörse bei comeback 2015 dann aber doch: Hier muss sich niemand lange bewerben, hier warben die NGOs um das Engagement der ehemaligen Europäischen Freiwilligen.

In vielen Einrichtungen hat sich herumgesprochen, mit welcher Leidenschaft sich die jungen Europa-Freiwilligen zurück in Deutschland neuen Themen widmen wollen. Kein Wunder also, dass die Zukunftsbörse von Jahr zu Jahr wächst. In ihrer Art ist sie übrigens die einzige in Deutschland.

Basar der Möglichkeiten

"Team Global" ist schon zum vierten Mal dabei, und so weiß Ricarda Thimm, wie sie die Aufmerksamkeit der interessiert Suchenden wecken kann. Bunte T-Shirts mit Aufdruck, übersichtliches Info-Material und ein Lächeln für jede und jeden. Das Jugendnetzwerk arbeitet bundesweit und bietet peer-to-peer-Workshops in Schulen und Jugendeinrichtungen, um jungen Leuten den Blick über den Tellerrand zu ermöglichen. "Das ist eine tolle Möglichkeit für uns, potentielle Mit-Streiter anzusprechen", sagt Ricarda – und tut’s auch gleich, denn am Stand knubbelt es sich.

Auch bei "multicult.fm" treten sich die Interessenten fast auf die Füße. Der Berliner Internet-Radiosender mit Sitz in der szenigen Kreuzberger Marheinecke-Markthalle, "bildet Berlin mit all seiner kulturellen Vielfalt ab", erzählt Luisa Wolf aus dem ehrenamtlichen Redaktionsteam. "Vom Programm bis hin zur Musik gibt es bei uns alles außer Mainstream", ergänzt ihr Kollege Willy Bayer.

Und weil sie wissen, dass die Klientel auf dem Markt der Möglichkeiten in den letzten Monaten interkulturelles Interesse bis zum Abwinken bewiesen hat, sehen die Multicult-Leute hier ihre neuen Journalisten und Moderatoren. "Jeder kann sich bei uns ausprobieren: Einfach mal vorbei kommen und sich ausprobieren, dann klappt das auch!" Erfahrene Kolleginnen und Kollegen zeigen, wie Radiomachen funktioniert, und es dauert nicht lange, bis auch ungeschulte Nachwuchsjournalisten ihre ersten Beiträge produzieren und vielleicht sogar eine Sendung moderieren können. Ein Sprungbrett in eine professionelle Medienkarriere kann das vielleicht sein, ein guter Hingucker im Lebenslauf ist die Mitarbeit beim renommierten multicult.fm auf jeden Fall.

Wissen und Leidenschaft für soziales Engagement

Auf der Zukunftsbörse wird also nur unterschwellig etwas von den EFD-Heimkehrern erwartet, zunächst winkt das Angebot. Das ist beim "Jugendwerk der Berliner AWO" schon anders. Dort will man ganz gezielt das Wissen und das Engagement der Freiwilligen anzapfen. Thomas Lehmann hofft, dass die jungen Leute ihr ganzes Wissen und ihre Leidenschaft für soziales Engagement in den Dienst der Arbeiterwohlfahrt stellen wollen. Das Jugendwerk bietet mit seinen vielfältigen Ressourcen den Rahmen für ganz unterschiedliche Jugendprojekte – "junge Leute können bei uns ihre Ideen umsetzen und damit Dinge bewegen." Seit einem Jahr arbeitet das Jugendwerk der AWO ganz gezielt mit Flüchtlingen, die Erfahrungen der Heimkehrer sollen für die Jugendprojekte Inspiration und neue Energiequelle gleichzeitig werden.

Und so geht das Stand für Stand weiter. Ob "Amnesty International" oder "Eurodesk", ob "BUND-Jugend" oder "Deutsche Sportjugend", ob die Deutsche UNESCO-Kommission mit dem Freiwilligendienst "kulturweit" oder die Organisation "ICJA Freiwilligenaustausch weltweit": Alle haben ein Auge auf die Heimkehrer geworfen, die sich - beflügelt durch den EFD - auch weiterhin engagieren wollen. Geballter auf einem Ort kann man kaum inspirierte und interessierte junge Menschen finden, die bewiesen haben: "Ich will etwas bewegen, und ich kann mich dafür auch durchsetzen."

Zuspruch und Vertrauen auf engstem Raum

Genau solche Leute sucht natürlich auch "Engagement Global", das zum Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gehört, und das auch den Freiwilligendienst "weltweit" unterhält. "Wir haben hier ganz viele Leute am Tisch stehen, die am liebsten sofort wieder ihre Koffer packen und weiterziehen würden", sagt Julia Geisler. Die Erfahrungen und das Durchsetzungsvermögen der jungen Heimkehrer könnte im Einsatz in Kamerun oder in Thailand oder in Ecuador unschätzbare Hilfe sein. Und nach ihrer Rückkehr werden die Freiwilligen als Botschafter und Mittler der Zusammenarbeit mit dem Globalen Süden aktiv.

"Ja klar, fühlt man sich gebauchpinselt, wenn sich so viele renommierte NGOs um einen reißen", meint eine EFDlerin, der es Spaß machen würde, im Süden zu arbeiten. Und ein angehender BWL-Student meint, dass er auf dem Markt viele Anregungen bekommen hat, um sich einen neuen Engagement-Bereich zu erschließen. "Irgendwas machen neben Ausbildung oder Uni", wollen hier so ziemlich alle. Jetzt fällt aber erst mal die Wahl schwer.

Vielleicht wird es ja auch eine ganz neue Herausforderung, die die lebensfrohen und nach drei comeback-Tagen aufgedrehten Heimkehrer anpacken. Für sie hat Barbra Beuth von der Björn-Schulz-Stiftung eine Anregung. Ambulante Kinder- und Jugendhospiz-Dienste sind das Thema der Stiftung, und obwohl sich junge Menschen naturgemäß noch nicht so viel mit Tod und Trauerarbeit beschäftigen, sieht die sie gerade in den EFD-Heimkehrern eine perfekte Zielgruppe. "Das sind Menschen, die Erfahrung mit Engagement bewiesen haben, und die gezeigt haben, dass sie sich auch auf ganz neue Bereiche einstellen können." Anspruchsvoll sei der Kinder- und Jugendhospizdienst an den Standorten Berlin, Potsdam, Halle an der Saale und in einem Feriendorf am Chiemsee. "Aber wer, wenn nicht diese jungen Leute, die in den letzten Monaten unglaublich viel gelernt und sich in schwierige Situationen eingelebt haben, sollte dafür geeigneter sein?"

So viel Vertrauen auf engstem Raum, so viel Zuspruch und Anregung dürfte den EFDlern so bald nicht mehr entgegen springen. Wer die Wahl hat, hat die Qual, aber wie schön ist es andererseits, wenn man so gefragt ist. Julia Papushado, VIA e.V:, die die Engagmentbörse für JUGEND für Euopa organisierte, meint: "Auch für die Aussteller ist die Zukunftsbörse eine perfekte Chance, sich zu präsentieren. Wenn nicht heute oder morgen – irgendwann wird ein ehemaliger EFDler sich an die Aussteller erinnern und daran, wie er „damals“ umworben wurde."

Die Aussteller auf der Zukunftsbörse finden Sie hier

Jörg Wild für JUGEND für Europa
Bild: David Ausserhofer, Berlin

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