10.02.2009

Jugenddemokratie - Europa hoch drei

Im Projekt „Participation Now!“ lösen Jugendliche aus Frankreich, Deutschland und Polen lokale Probleme mit Hilfe eines europäischen Ansatzes

„Wir dürfen vor allem nicht herumsitzen und nichts machen!“ Adrian Zwierzchowski klingt, als würde er am liebsten sofort aufspringen und loslegen, um in seiner Heimatstadt, dem polnischen Lodz, einige Dinge zurechtzurücken. Was dort nicht in Ordnung sei, sei ihm erst durch „Participation Now!“ wirklich bewusst geworden.

Der 15jährige ist einer von 54 jugendlichen Teilnehmern an einer Begegnungsplattform für mehr Partizipation Jugendlicher. Anfang November erstellten sie in Straßburg ein Wochenende lang ihren Fahrplan für ein jugendgerechteres Europa. Initiator des Projektes ist der Stuttgarter Jugendring in Zusammenarbeit mit Jugendeinrichtungen aus den Partnerstädten Straßburg und Lodz. Gefördert wird es über die Aktion 1.3 des EU-Programms JUGEND IN AKTION.  

„Wir möchten die Jugendlichen für europäische Themen sensibilisieren und ihnen zeigen, wie sie selbst etwas bewegen können“, erklärt Marc Fischer, Projektleiter von „Participation Now!“. Viele junge Menschen schätzten die Mobilität, die Europa mit sich bringt, vergäßen darüber aber, dass Europa auch Verantwortung bedeutet. Bei „Participation Now!“ füllen sie Europäische Jugendpolitik mit Leben – im Gespräch miteinander, im Gespräch mit Kommunal- und Europapolitikern sowie mit eigenen Aktionen vor Ort.

Internationale Begegnungsplattform in internationaler Umgebung

Das Projekt lief in mehreren Phasen ab. Im Frühjahr kamen in den drei Partnerstädten engagierte Jugendliche zusammen. Sie machten sich mit der Idee von „Participation Now!“ vertraut und suchten nach Themen, die ihnen untern den Nägeln brannten, um diese später mit ihren europäischen Partnern besprechen zu können. Schnell kamen sie auf ganz praktische Fragen: Wie sind die Lebensverhältnisse hier vor Ort und wie können wir sie verbessern? Wer ist der Ansprechpartner für Jugendfragen? Welche Personen und Organisationen stellen ein Bindeglied zwischen unserer Stadt und Europa dar?

Ende Juni wurden diese Fragen in Straßburg besprochen. Jeweils zwei Delegierte jeder Gruppe fuhren in den Elsass, wo sie ihre Ideen zusammentrugen und Schwerpunkte setzten. Sie einigten sich auf die Themen: Mehr Platz für Jugendliche, Bildung und Ausbildung, Jugendpartizipation und europäische Bürgerschaft. Diese Themen wurden an die Jugendlichen zuhause rückgekoppelt, damit alle sich auf die Begegnungsplattform in Straßburg, Anfang November, vorbereiten konnten.

Hier, in unmittelbarer Nähe zu Europarat und Europäischem Parlament, begann die heiße Phase des Projekts. „In verschiedenen Arbeitsgruppen haben wir Meinungen ausgetauscht, haben uns Schwierigkeiten bewusst gemacht und nach Lösungsansätzen gesucht. Dabei konnte jede Gruppe von den Erfahrungen der anderen profitieren“, sagt Adrian.

Und Karolina Cholewa, die genau wie er vom Poleski Institut für Kunst kommt, ergänzt: „Ich war sehr positiv überrascht. Niemand wurde ausgeschlossen, jeder ernst genommen. Und die internationale Atmosphäre war einmalig.“

Die 16-Jährige engagiert sich seit langem in verschiedenen Einrichtungen. „Participation Now!“ sieht sie als Möglichkeit, zu zeigen, dass Jugendliche Bedürfnisse haben, von denen Erwachsene vielleicht gar nichts wissen. „Außerdem will ich all denjenigen, die meinen, als Jugendlicher könnte man doch gar nichts erreichen, zeigen, dass es doch geht. Wenn man nur will.“

Hausaufgaben für ein jugendgerechtes Europa

Und so kam für die Workshops eine gehörige Palette an Themen zustande: Sei es die Forderung nach einem Europaparlament für Jugendliche, der Wunsch nach der Vereinfachung des Auslandsstudiums oder der Gedanke an „Legal Graffiti“ – als ein Städte verschönernder Beitrag zur europäischen Verständigung.

Die erste Frage in jedem Themenworkshop lautete stets: Was können die Jugendlichen selbst zur Umsetzung ihrer Ideen tun? Danach wurde überlegt, welche Rolle lokale und regionale Politiker und das Europa-Parlament spielen können und sollen.

Auch die Zusammenarbeit der Jugendlichen aus den verschiedenen Städten wurde in die Überlegungen miteinbezogen, denn die soll nach Abschluss des Projekts bestehen bleiben. „Wir überlegen zum Beispiel gerade, wie wir einen Erfahrungsaustausch zwischen Stuttgart und Lodz realisieren könnten, bei dem es um den Aufbau von Jugendcafés und -zentren in Lodz gehen soll“, sagt Fischer.

Am Ende der Begegnungsplattform stellten die Jugendlichen die Workshop-Ergebnisse europäischen Mandatsträgern vor mit Powerpoint-Präsentationen, Musik oder Collagen. Danach erarbeiteten sie zusammen mit Experten tragfähige Lösungskonzepte.

„Die Beteiligten unterzeichneten ein gemeinsames Abschlussdokument. Damit bis zur Ergebniskonferenz im Sommer in Lodz auch alle ihre Hausaufgaben machen – Jugendliche wie Politiker“, so Fischer. Auf der Konferenz werden die Teilnehmer Fachpersonen aus der Europapolitik zeigen, welche Fortschritte sie gemacht haben.

Adrian und Karolina möchten bis dahin das Projekt „Jugendzentrum“ vorantreiben. Gemeinsam mit dem Rest der Gruppe treffen sie sich regelmäßig, um das weitere Vorgehen zu besprechen, fragen bei der Verwaltung nach, schreiben Kommunalpolitikern. Beide sind optimistisch. Einen Tipp für alle, die nicht in Straßburg waren, haben sie auch: „Jeder sollte sich einsetzen für die Gesellschaft, in der er lebt. Es kommt darauf an, die Initiative zu ergreifen. Also nicht zu Hause sitze und meckern, sondern raus gehen und was tun!“

(Susanne Zdrzalek)

Info:

Weitere Informationen zu dem Projekt gibt es auf www.participation-now.eu.

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Projekte der partizipativen Demokratie, auch "Jugenddemokratie-Projekte" genannt unterstützen junge Menschen dabei, sich aktiv an den Diskussions- und Entscheidungsprozessen im demokratischen System zu beteiligen. Gefördert werden sie über die Aktion 1.3 des EU-Programms JUGEND IN AKTION.

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