20.10.2008

Erst Berlin, dann Bhutan

Der "Global Dialog" vernetzt die Kontinente – Jugendliche diskutieren über Weltpolitik im Rahmen eines zentral geförderten Projekts aus der "Aktion 3.2 – Zusammenarbeit im Jugendbereich mit Sonstigen Ländern Weltweit"

Das Anforderungsprofil seiner gegenwärtigen Aufgabe liest sich eher anspruchsvoll. Fabian Griesche ist der Internet-Sonderbeauftragte für die Fortentwicklung des globalen Dialogs unter Jugendlichen. Weltweit versteht sich. Der 18-jährige Berliner ist zum internationalen Koordinator eines ambitionierten Partizipations-Projekts geworden und soll nun den Gedankenaustausch zwischen den Kontinenten am Laufen halten. „Das ist jetzt schon eine enorme Verantwortung“, sagt Fabian, „aber ich trage sie gerne, weil ich mir vorstellen kann, auch in zehn Jahren noch an dieser Idee zu arbeiten.“

Partizipations-Virus

Ende Juni war Fabian von dem Partizipations-Virus vollends infiziert worden. Im Berliner FEZ – Deutschlands größtem Kinder-, Jugend- und Familienzentrum – durfte er mit 35 anderen Jugendlichen aus vier Kontinenten fünf Tage lang über seine Vorstellungen von mehr politischer und sozialer Verantwortung in der Welt diskutieren. Das Thema: "Global Dialog". Ob Bolivien, Indien, Senegal oder Österreich – neben Deutschland schickte auch jedes andere Land eine eigene Delegation ins Rennen. Diskussionsstoff gab es genug. Die 16- bis 24-jährigen Jugendlichen sind auch in ihren Heimatländern in sozialen und politischen Projekten aktiv.

„Wenn ich sehe, wie hier zum Beispiel junge Menschen aus Österreich und Indien miteinander trotz großer Sprachbarrieren über die Politik in der Welt nachdenken, dann kann ich nur den Hut ziehen“, sagt Michael Raj Kunsmann, Projektleiter des „Global Dialogs“. Und auch wenn hier und da nur ein paar Sprachassistenten mitgeholfen haben – für die Jugendlichen hatte das mitunter vorhandene Kommunikationsvakuum eine wichtige Botschaft: „Ihr könnt etwas erreichen, wenn ihr es nur wollt.“ So setzte sich die bolivianische Gruppe für mehr Rechte der indigenen Völker ein. Die Südamerikaner diskutierten zudem, wie eine Zivildienststruktur nach deutschem Vorbild auch in ihrem Land aufgebaut werden kann. Die Jugendlichen aus dem Senegal erarbeiteten Vorschläge, wie sozial Benachteiligte stärker in die Gesellschaft integriert werden können.

Diskussionen müssen weitergehen

„Unsere Zusammenkunft in Berlin hat uns alle so motiviert, da müssen wir jetzt nachlegen“, erzählt der 19-jährige Anirudh Venkat aus Indien. Seine Idee: eine Fortsetzung der Global-Dialog-Konferenz im asiatischen Bhutan. Schon Anfang 2009 sollen die Delegationen weiter an ihren Ideen feilen. „Wir kümmern uns gerade um die Finanzierung, noch sind nicht alle Geldgeber beisammen“, sagt Anirudh.

Auch Michael Raj Kunsmann freut sich, dass der Geist der Berliner Initiative noch immer fortlebt. „Es gibt realistische Chancen, dass das globale Netzwerk nicht nur erhalten, sondern sogar ausgebaut wird.“ Sein Wunsch: Auch Jugendliche, die nicht an der Berliner Konferenz teilgenommen haben, sollen sich künftig in die Diskussion einklinken. „Themen wie Armut, die Ungleichbehandlung der Geschlechter, Rassismus oder die Diskriminierung von Minderheiten gehen uns alle etwas an. Die Gesprächsführung sollten wir daher nicht nur einem kleinen exklusiven Club vorbehalten.“

Entfaltung des Engagements

Dass internationale Jugendaustausch-Programme dabei auch immer wieder mit interkulturellen Überraschungsmomenten garniert sind, durfte der 18-jährige Bissenty Laurent Gomis aus dem Senegal erfahren: „Die Leute in Deutschland waren so pünktlich. Das hat mir gefallen. Aber das Essen ist gewöhnungsbedürftig. Bei uns zu Hause ist es viel stärker gewürzt. Aber ich hatte mir ja vorgenommen, deutsche Würste zu probieren.“

Auch das Berliner FEZ überlegt inzwischen, wie es die altbewährte Brot- und Wurstplatte für internationale Gruppen neu zusammenstellt. „Hier können wir sicher auch noch lernen“, so Kunsmann.

Fabian Griesche hat keine Zeit, sich mit solchen „Nebensächlichkeiten“ zu beschäftigen. Sie sind schlicht Voraussetzung für das, was er „die notwendige Entfaltung des Engagements“ nennt. Dass er jenseits eines Projekttreffens einmal Arbeit auf sich nimmt, „nur“ um Menschen wieder zu treffen – wie er sagt – hätte er vor einigen Monaten selbst noch nicht gedacht. Inzwischen bereitet er sich auf eine mögliche Reise nach Bhutan vor und schaut vorher noch einmal nach, wo dieses Land denn genau liegt.

(Marco Heuer)

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Mehr Informationen zum „Global Dialog“ gibt es unter www.global-dialog.eu.

Alle interessierten Jugendlichen sind aufgerufen, sich an den thematischen Diskussionen im Internet zu beteiligen. Das Treffen wurde unter anderem finanziert über die Aktion 3.2 des EU-Programms JUGEND IN AKTION.

An dem „Global Dialog“ in Berlin nahmen folgende Delegationen teil:

  • BOLIVIEN:
    Defensa de Niñas y Niños International. Seccion Bolivia (DNI-Bolivia)
    (Kinderschutz International – Bolivien)
    www.dnibolivia.org
  • INDIEN:
    Centre for Youth Development and Activities (CYDA)
    (Zentrum für Jugendentwicklung und Aktivitäten)
    www.cydaindia.org
  • SENEGAL:
    Sunuzentrum
    (Interkulturelles Medienzentrum für Bildung und Völkerverständigung)
  • ÖSTERREICH:
    United Games Austria (UGA)
    (Jugendaustausch, internationale und lokale Projekte)
    www.unitedgames.org
  • DEUTSCHLAND:
    Landesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung Sachsen-Anhalt e.V. (LKJ)
    www.lkj-sachsen-anhalt.de

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