24.09.2008

EFD - Mein größter Wunsch: Ein Jahr im Ausland. Ein Kurzzeitprojekt mit Langzeitwirkung

Manchmal reichen 21 Tage, um dem Leben den entscheidenden Kick zu geben. Für Denny (21) aus dem brandenburgischen Schwedt war die Entscheidung, ein Kurzprojekt in der griechischen Kleinstadt Serris anzutreten, ein geradezu revolutionärer Schritt. Als Europäischer Freiwilliger in Griechenland hat er drei Wochen einheimische Kinder und Erwachsene mit Behinderungen betreut.

Während viele Europäische Freiwillige vor dem Beginn ihres Projekts zumindest Schulenglisch beherrschen und auch schon einmal im Ausland gewesen sind, besaß Denny diese Voraussetzungen nicht: Er absolvierte die 10. Klasse einer Förderschule und ein Berufsvorbereitungsjahr. Die anschließende Suche nach einer Ausbildungsstelle gestaltete sich aussichtslos.

Doch Gisela Reimann vom Uckermärkischen Bildungsverbund (UBV) hatte eine gute Idee: Sie schlug Denny vor, an einem Kurzzeit-Projekt des Europäischen Freiwilligendienstes teilzunehmen. Der damals 18-Jährige war alles andere als ein Abenteurer, geschweige denn ein Globetrotter.

„Ich wusste ja überhaupt nicht, ob ich mit fremden Menschen umgehen kann und was mich da erwartet“, erinnert sich Denny. „Ich hatte viel Angst auch vor der fremden Sprache, aber hier zu bleiben und weiter auf Arbeitssuche zu sein, das wollte ich auf keinen Fall. Deshalb hat mir der Vorschlag von Frau Reimann gefallen und ich habe mich beworben.“

Keine Berührungsängste

„Wie wird mein Tagesablauf sein? Wie verständige ich mich? Wo werde ich wohnen?“ Fragen über Fragen, die sich vor Ort in rasendem Tempo auflösen sollten. Die anfängliche Skepsis wich der puren Lust am Neuen und an den zahlreichen Kontakten zu fremden Menschen, die sich innerhalb kürzester Zeit entwickelten.

„Wir waren insgesamt vier Betreuer, zwei Mädchen aus Schweden und Island und ein weiterer Jugendlicher aus Köln. Das war klasse, denn wir haben uns von Beginn an super verstanden“, erzählt Denny. Zu viert kümmerten sich die Jugendlichen um etwa 20 Menschen im Alter zwischen zehn und mehr als sechzig Jahren, die unterschiedlich stark behindert waren. So bildeten sich kleine Gruppen mit insgesamt sechs Personen – einem Betreuer und fünf Einheimischen.

„Am ersten Tag hat es nicht mehr als zwei Stunden gedauert, bis das Eis gebrochen war und der Kontakt problemlos funktionierte“, blickt Denny zurück. Von Berührungsängsten war auf beiden Seiten keine Spur. „Wir haben vor allen Dingen gespielt und so quasi spielerisch alle Hürden genommen.“ Die befürchteten Sprachprobleme kamen überhaupt nicht auf, da die meisten Menschen direkt auf Denny zugingen und man sich ganz einfach über Gesten und Mimik verständigte. Und wenn es trotzdem mal hakte, halfen ein paar Brocken Englisch und die Kommunikation funktionierte blendend.

Unvergessliche Augenblicke

Besonders schöne Momente verbindet der junge Brandenburger mit einer Bergtour, die er gemeinsam mit seinem Kollegen aus Köln unternahm, sowie Strandausflüge in der gesamten Gruppe. „Das waren eine der schönsten Augenblicke meines Lebens. Da haben wir alle gemeinsam so viel Spaß gehabt und so viel gelacht – einfach unbeschreiblich.“

Der Blick über den Tellerrand

„Die drei Wochen waren für Denny Breitsprecher weit mehr als ein kurzer Abenteuerurlaub. Er hat sich deutlich verändert, ist offener geworden und ist sich darüber im Klaren, dass sich sein Leben nicht zwangsläufig im heimischen Schwedt oder in der Uckermark abspielen muss“, hat auch Gisela Reimann, seine Betreuerin beim UBV Schwedt, festgestellt. „Er weiß, dass es woanders neue Herausforderungen gibt und dass es gut tut, über den Tellerrand zu blicken, Ängste abzubauen und mit fremden Menschen in Kontakt zu treten.“ Mit seinen begeisterten Erzählungen über seine Erlebnisse in der Ferne hat Denny inzwischen auch einen seiner Freunde angesteckt, der sich jüngst zu einem Projektaufenthalt in Polen entschlossen hat.

Mein größter Wunsch: „Ein Jahr im Ausland“

Die drei Wochen als Europäischer Freiwilliger in Griechenland haben ihn nachhaltig beeinflusst. Die Erinnerungen sind noch äußerst lebendig und die Sehnsucht, erneut ins Ausland zu gehen, ist geblieben. Für Denny ist es heute eine Selbstverständlichkeit, sich fern der Heimat oder auch im Ausland um eine Arbeit zu bewerben. Und immerhin hat er seitdem schon zwei befristete Jobs – in Baden-Württemberg und in der Schweiz – angenommen. Auf eine feste Arbeitsstelle wartet er zwar immer noch, allerdings kann er sich sehr gut vorstellen, die Zeit bis dahin mit einem Langzeitprojekt irgendwo in Europa als Freiwilliger zu überbrücken. „Mein größter Wunsch wäre es, dann auch für ein ganzes Jahr ins Ausland zu gehen“, sagt Denny voller Überzeugung.

(Karoline Becker / Michael Sachse)

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