12.10.2022

Solidaritätsprojekt im ESK: 549,5 Kilo Müll. Wie junge Menschen ihren städtischen See reinigen

Eine junge Frau und ein junger Mann heben einen Einkaufswagen aus dem Wasser.

Mit Solidaritätsprojekten setzen junge Menschen eigenständig ihre Ideen in ihrer Nachbarschaft um und gehen dabei europäischen Themen und Fragestellungen nach. So auch Sarah Rehm und ihr achtköpfiges Team, die in Münster den Aasee vom Müll befreien und Bildungsworkshops zum Thema Umweltschutz veranstalten.

Die Idee kam der 19-jährigen Sarah Rehm vor vier Jahren beim Tretboot-Fahren mit ihren Freund*innen. Der Aasee, ein Naherholungsgebiet in Münster, war zugemüllt. Also zögerten die Jugendlichen nicht lang, wurden aktiv und holten spontan selbst den ersten Müll aus dem Wasser. Vier Jahre später entstand daraus ein Projekt, das vom Europäischen Solidaritätskorps (ESK) finanziert wird.

JfE: Sarah, was hat denn die Initialzündung ausgelöst? 

Sarah Rehm: Ich würde sagen, der Zeitpunkt war gut gewählt, denn zwischen dem Ende meines Freiwilligendienstes in London und dem Beginn meines Raumplanungsstudiums in Dortmund hatte ich ein Dreiviertel-Jahr Zeit. Da habe ich gedacht: ein neues Projekt, das passt.

Wie bist du dann vorgegangen? 

Meine Projektmanagerin, die mich durch meinen Freiwilligendienst im ESK begleitet hat, hat mir von den Solidaritätsprojekten erzählt, die von der EU gefördert werden. Das ist toll für Projekte auf lokaler Ebene, dachte ich und erinnerte mich an unsere damals so spontane Reinigungs-Aktion und wie viel Spaß das gemacht hat. Und ja, dann hatte ich Lust darauf, mich auch nach Beendigung meines Freiwilligendienstes nützlich zu machen.

So einen Antrag zu stellen, fällt ja nicht jedem und jeder gleich leicht. Wie ist es dir ergangen? 

Ich habe erst einmal verschiedene Umweltorganisationen angeschrieben, man braucht ja mindestens 5 Personen zur Antragstellung. Dann war das ein Bangen und Zittern mit dem Antrag. Am Ende aber wurde er ja glücklicherweise angenommen. Und was besonders toll war: In der Zwischenzeit hatten uns schon der Tretbootverleih Overschmidt und die Abfallwirtschaftsbetriebe der Stadt Münster ihre Unterstützung zugesichert.

Wie ist es dir gelungen, Freiwillige zu finden, die in deinem Projekt mitmachen? 

Das war gar nicht so einfach. Am Anfang hatte ich Schulen angeschrieben. Das brachte aber nicht so den Erfolg, obwohl gerade da unsere Zielgruppe lag. Bei der Freiwilligenagentur Münster war das dann anders. Am Ende haben über 19 Aktionen verteilt etwa 50 Menschen zwischen 15 und 40 Jahren mitgemacht.

Und unsere Dokumentation der Aktionen über Instagram sowie die geschaltete Werbung haben uns auch dabei geholfen, junge Menschen für unser Projekt zu begeistern.

Apropos mitmachen, wie lief das inhaltlich ab? 

Startschuss des Projekts war Mitte Mai 2022, seit Februar haben wir geplant. Wir sind dann jeden Montag zwischen 16.30 Uhr und 18 Uhr mit dem Tretboot rausgefahren, ausgestattet mit Zangen, Handschuhen und allem, was man so braucht. Und was wir dann meist in der Nähe des Uferbereichs gefunden haben, war wirklich unglaublich. Glasflaschen, Verpackungen, auch Fahrräder und Absperrgitter. Über mehrere Monate kamen da 549,5 Kilo zusammen. Teilweise hatte ich das Gefühl, dass das, was wir da fanden, einem gut gefüllten Supermarktregal entsprach. 

Du selbst hast das Projekt geleitet, wie hat das geklappt? 

Das war natürlich erst einmal eine Herausforderung, aber mein achtköpfiges Team und ich hatten uns vorher eine gute Struktur überlegt. Es gab AGs für alles Mögliche: Social Media, Werbung, Workshops, Finanzen etc. Da wusste jeder, was er oder sie zu tun hat.

Was war denn deine Motivation, so ein ESK-Projekt mal anzugehen? 

Mir war und ist es wichtig, dass der Aasee ein schönes Naherholungsgebiet bleibt. Ich habe nichts dagegen, dass die Leute dort feiern. Aber sie sollen bitte auch ihren Müll mitnehmen oder in den dafür vorgesehenen Mülleimern entsorgen.

Ansonsten hat mich die Leitungsaufgabe gereizt und auch die Bildungsworkshops, die wir veranstaltet haben. Es geht ja auch darum, Know-How zu sammeln, wie Umweltschutz überhaupt funktioniert.

Was hat nicht so gut geklappt? 

Manchmal haben wir uns sicherlich zu viel vorgenommen. Ich musste lernen, dass wir nicht immer alle gleich viel Zeit haben. Da die Balance zu halten, aus: "Wieviel kann ich an mein Team delegieren?" und "Was übernehme ich selbst?" oder "Wo machen wir Abzüge?", war nicht immer einfach. Aber das sind so Lerneffekte, die vorher schwer zu antizipieren sind. Und Visionen sind ja auch wichtig.

Wie geht es denn jetzt weiter? 

Wir würden den Aasee gerne noch genauer auf Mikroplastik untersuchen und eine Wasseranalyse durchführen. Geld von der Förderung haben wir jedenfalls noch übrig. Ein Workshop könnte auch noch stattfinden, da er wetterunabhängig ist - anders als die Reinigungsaktionen.

Dein Fazit am Ende? 

Für mich war das ein wunderbares Projekt. Mit meinen 19 Jahren habe ich viel gelernt. Von der Koordinierung des Projekts bis hin zu der Erkenntnis, dass die Türkei Europas Müllhalde ist und so viel mehr. Besonders die Reinigungsaktionen haben mich glücklich gemacht, weil wir vielen netten und engagierten Menschen begegnet sind und unser Wirken direkt gesehen haben. Außerdem finde ich es toll, dass die EU durch die Finanzierung solcher lokalen Projekte spürbar und erlebbar wird.

(Das Interview führte Marco Heuer im Auftrag von JUGEND für Europa. Die Bilder stellte das Aa-Team zur Verfügung.) 

Weiterführende Informationen 

Instagram-Account des Projekts - @das_aasee_projekt_

Mehr Informationen zum Europäischen Solidaritätskorps finden Sie hier: Europäisches Solidaritätskorps (solidaritaetskorps.de)