17.08.2022

Europäisches Solidaritätskorps: Ich wollte einfach in die Ukraine

Juliusz in der UkraineJuliusz interessiert sich bereits seit seiner Kindheit für die Ukraine. 2021 macht er sich als Freiwilliger auf dem Weg nach Winnyzja und lernt das Land und seine Einwohner*innen zu lieben. Durch den Ausbruch des Krieges muss er seinen Dienst in Deutschland beenden. Aber er will wiederkommen, denn er sagt: "Ohne die Ukraine wäre die Welt ein trauriger Ort".

Mein Name ist Juliusz, ich bin 19 Jahre alt und ich komme aus Leipzig. Mit 18 habe ich direkt nach meinem Abitur einen neunmonatigen Freiwilligendienst im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps in Winnyzja, in der Ukraine begonnen. Es war das erste Mal, dass ich weg von meiner Familie gelebt habe, und dann auch noch im Ausland. Es war ein großer Schritt für mich, aber meine Motivation war größer als meine Ängste. Ich wollte einfach in die Ukraine.

Begeisterung für ein Land als Motor für das eigene Engagement 

Seit ich ein Kind war, gab es bei uns zu Hause alte russische und tschechische Kinderserien zu sehen, polnische Geschichten zu hören und jugoslawische sowie ukrainische Musik zu hören. Besonders ukrainische und polnische Volksmusik bekam ich sehr viel zu hören und ich begann die ukrainischen Texte zu lernen und die Melodien auf dem Akkordeon und dem Klavier zu spielen. Ich fühle mich zu diesem Land hingezogen.

Somit fiel die Entscheidung einen ESK-Freiwilligendienst in der Ukraine zu machen relativ schnell, da das die unkomplizierteste als auch billigste Option zu sein schien, um das Land kennenzulernen.
Meine Entsendeorganisation war NaturKultur e.V. aus Bremen, und gearbeitet habe ich bei der ukrainischen NGO Pangeya Ultima aus Winnyzja. Dort waren meine Aufgaben sehr vielfältig und zahlreich.

Vom Sprachenlernen zum Häuser bauen über das Schreiben

Eine meiner Hauptaufgaben war einen kostenlosen Deutsch-Sprachklub für Ukrainer*innen zu führen, später auch zusammen mit Franziska, einer anderen Freiwilligen aus Deutschland. Das war sehr interessant; zum einen die Sprachbarriere zu überwinden und zum anderen sich mit der eigenen Sprache auseinanderzusetzen.

Außerdem bekamen alle Freiwilligen (wir waren immer zwischen sechs und acht Freiwillige) einmal pro Woche Ukrainisch Unterricht. Das war für mich persönlich eine der schönsten Aktivitäten dort und hat mich sehr erfüllt. Auch alleine habe ich weiter Ukrainisch gelernt und ich habe jede Möglichkeit auf der Straße, auf dem Markt, im Imbiss genutzt, um Ukrainisch zu sprechen. So kam ich auch sehr zügig voran.

Eine weitere Aufgabe war die Mithilfe im Eco-Center in Stina, einem kleinen Dorf mit 500 Einwohner*innen nahe der moldawischen Grenze. Der Sinn dieses sogenannten Eco-Centers ist es Sommercamps zu veranstalten, touristische Tagesreisen anzubieten, also generell Leben ins Dorf zu bringen und den Lokaltourismus zu fördern.

Als ich dort war haben wir vor allem körperliche Arbeit geleistet, wir haben Löcher gegraben, Beton gemischt und sogar Wände hochgeziegelt, um bei der Renovierung eines weiteren Hauses zu helfen.
Daneben habe ich Artikel geschrieben, Videos gefilmt, Interviews durchgeführt, bei Präsentationen geholfen und so weiter. Bei allen Aufgaben habe ich viel gelernt und reichlich nützliches Wissen mitgenommen.

Von meiner Arbeit abgesehen habe ich mich in Winnyzja sehr gut eingelebt und war generell sehr selbstständig unterwegs. Ich hatte einige ukrainische Freunde, zu denen ich auch heute noch Kontakt habe. Jedoch bereue ich es ein wenig, dass ich mich meistens nur im Freiwilligenumfeld befand. Dort gab es natürlich auch Ukrainer*innen, aber ich denke ich habe eine Chance verpasst, mich mit der lokalen Gemeinschaft anzufreunden. Das werde ich allerdings eines Tages sicherlich nachholen.

Planänderung durch Krieg: Von Deutschland aus helfen

Dann, am 24. Februar ging der russische Überfall auf die Ukraine los, doch ich hatte das Land zum Glück schon zwei Tage vorher verlassen, um Urlaub in Deutschland zu machen. Mein Projekt endete dank meiner Entsende- und meiner Aufnahmeorganisation nicht, und ich konnte mich in Deutschland engagieren, in dem ich vor allem für ukrainische Flüchtlinge übersetzte. Somit konnte ich meinen Dienst trotzdem "normal" abschließen, wofür ich sehr dankbar bin.

Der Krieg belastet mich natürlich. Ich denke es ist jetzt die Zeit gekommen, den Leuten die Pracht der ukrainischen Kunst, Kultur, Sprache, Folklore, Geschichte zu zeigen. Dieses Projekt war ein wunderbares Erlebnis, und erst der Anfang meiner Arbeit mit und in der Ukraine. Ich kann nur sagen: Ohne die Ukraine wäre die Welt ein trauriger Ort.

Хай  живе Україна!

(Juliusz Meyer für JUGEND für Europa)

Juliusz ist 19 Jahre alt und kommt aus Leipzig. Seinen Freiwilligendienst leistete er von September 2021 bis Juni 2022.