26.05.2020

"Freiwillige haben ein Recht auf Begleitung"

Begleitprogramm im ESKInnerhalb weniger Wochen hat JUGEND für Europa gemeinsam mit Trainer/-innen ein Konzept für Online-Begleitseminare im Europäischen Solidaritätskorps entwickelt. An vielen Ecken und Enden müssen eingespielte Strukturen umgedacht und verändert werden. So wie die Einführungstrainings und Zwischenseminare der Freiwilligen, die normalerweise über mehrere Tage in einer Bildungsstätte stattfinden.

Das pädagogische Begleitprogramm im Europäischen Solidaritätskorps hat zum Ziel den non-formalen Lernprozess der Teilnehmenden vor, während und nach ihrem Einsatz im Ausland zu begleiten. So besagt es das Programmhandbuch.

Das Begleitprogramm beinhaltet nach der Entsendung in das Einsatzland ein Einführungstraining (innerhalb der ersten vier Wochen nach Ankunft) und ein Zwischenseminar (mindestens zwei Monate nach dem Einführungstraining und zwei Monate vor dem Ende der Aktivität). Hier können die Jugendlichen ihre Erfahrungen auswerten, sich vernetzen und gemeinsam lernen, wie sie sich in schwierigen Situationen und Konflikten verhalten können.

Doch wie lässt sich das Recht auf diese Unterstützung in Zeiten einer Pandemie wahren, in der nahezu alle Einrichtungen geschlossen und Veranstaltungen abgesagt wurden?

Neues Online-Konzept

JUGEND für Europa hat sich gemeinsam mit Trainer/-innen dazu in den vergangenen Wochen intensiv Gedanken gemacht und ein Konzept entwickelt, wie die wichtigen Seminare dennoch stattfinden können.

"Die noch in Deutschland und in ihrem Dienst befindlichen Freiwilligen haben ein Recht auf Begleitung. Wir waren uns im Team schnell einig, dass wir die Freiwilligen nicht alleine lassen können. Für viele von ihnen ist es wichtig, in die Seminare zu kommen, ihre Fragen zu reflektieren, die Situation zu betrachten und solidarisches Handeln zu erleben. Wir wollten ihnen einen Ort zu eröffnen, an dem sie zu anderen Kontakt haben können - gerade für die, die neu Anfang März nach Deutschland eingereist waren oder für die, die eventuell alleine wohnen", sagt Rita Bergstein, Koordinatorin des Bildungsmanagements bei JUGEND für Europa.

Sarah Herold, freie Trainerin für verschiedene Institutionen, fasst die Planungszeit so zusammen: "Es musste alles verhältnismäßig schnell gehen, entsprechend flexibel haben wir alle gearbeitet, konzipiert und geplant.“

Ihre Kollegin Maria Rojas Hernández ergänzt: "Die Einarbeitung in die Online-Tools war recht zeitaufwändig. Wichtig war, mit zu bedenken, dass nicht alle Teilnehmenden die idealen technischen Voraussetzungen haben."

Fehlende persönliche Nähe muss aufgefangen werden

Die Besonderheit bei der Umgestaltung der Seminare von real auf online sei vor allem die fehlende persönliche Interaktion und der damit verbundene erschwerte Vertrauensaufbau. Heike Hornig ist Mitglied des Monitoringteams bei JUGEND für Europa, das unter anderem die Aufgabe der ESK-Projektberatung hat. In dieser Funktion stehen sie Europäischen Freiwilligen in Deutschland als Ansprechpartner/-innen bei eventuell auftretenden Konflikten zur Verfügung.

"Bei den Präsenzseminaren kommen wir für einen halben Tag dazu und nutzen diesen unter anderem, um Vertrauen bei den Freiwilligen aufzubauen. Der Kontaktaufbau und die Schaffung einer Vertrauensebene sind in einem rein virtuellen Raum ungleich schwieriger. Die gemeinsame Interaktion ist stark eingeschränkt, wenn Gestik und Mimik nur ausschnittsweise sichtbar sind", sagt Hornig.

Auch für die Zeitebene hat die Umstellung auf die Online-Ebene erheblichen Einfluss. Statt der üblichen mehrtägigen Veranstaltung, finden die Einheiten nun in insgesamt neun Modulen an neun Vor- oder Nachmittagen statt, die über drei Wochen gestreckt werden. Ende April konnten die ersten Einheiten der Einführungs- und Zwischenseminare gestartet werden.

"Die ersten Seminare sind gut angelaufen. Ich selber leite gerade ein Einführungstraining und die Rückmeldungen der Teilnehmenden sind sehr gut", resümiert Sarah Herold die ersten Erfahrungen.

Stetige Verbesserungen

Um das so beizubehalten beziehungsweise den Ablauf und Effekt der Seminare noch mehr an die Präsenzseminare anzupassen, sind die Trainer/-innen, das Monitoringteam und JUGEND für Europa im ständigen Austausch.

"Wir evaluieren die Seminare und tauschen uns mit den Kolleg/-innen in anderen europäischen Ländern aus. Zu beachten ist nach unserer Erfahrung vor allem die Nachhaltigkeit des Ansatzes: Was lernen wir für die Zukunft und was können wir mitnehmen. Außerdem haben wir das Ziel, die Motivation aufrecht zu erhalten und nicht die aus dem Blick zu verlieren, für die wir das machen – Trainer/-innen, um Beschäftigung zu ermöglichen und Freiwillige, deren Situation uns nicht egal ist", so Bergstein.

(JUGEND für Europa)