29.11.2018

Europa in der Kommune - "Es lohnt sich, wenn man einmal angefangen hat"

Eine Frau zeichnet eine "Pyramid of Good"

Wie kann grenzübergreifende Partnerschaftsarbeit zwischen Städten und Gemeinden, Jugend- und Bildungseinrichtungen wiederbelebt, weiterentwickelt und nachhaltig gestaltet werden? Diese Frage stand im Mittelpunkt der Hannover-Tagung "Kommunen sagen ja zu Europa". Eine Fachtagung für Austausch, Begegnung und Vernetzung.

Die, die da sind, sind genau die Richtigen, heißt es bei der bei vielen Jugendbildungs-Veranstaltungen gern zum Einsatz kommenden Großgruppen-Methode "Open Space". Die, die in Hannover waren, waren genau die Richtigen, möchte man in Anlehnung an diese Feststellung formulieren und feststellen.

Sich gegenseitig von der grenzübergreifenden Projektarbeit in den Kommunen erzählen, sich Mut zusprechen und Best-Practice-Erfahrungen austauschen – das war das Ziel der Fachtagung in der niedersächsischen Landeshauptstadt, an der neben Mitarbeitern aus den kommunalen Verwaltungen (Fachbereich Internationales) auch Akteure aus der Jugend- und Bildungsarbeit teilnahmen.

"Kleine Kommunen haben es schwerer"

"Wir müssen das Thema Europa wieder stärker in den Fokus nehmen. Gerade kleine Kommunen haben Schwierigkeiten, neue Zielvorgaben im Bereich der internationalen Zusammenarbeit zu implementieren. Da müssen wir besser ins Gespräch kommen", gab Andreas Listing, Leiter der Stabsstelle EU-Angelegenheiten bei der Region Hannover und Gastgeber der Veranstaltung, die Richtung für die Fachtagung vor. Und es wurde diskutiert. Im Zentrum die Frage, welche Möglichkeiten es gibt, die Projektarbeit auf europäischer Ebene langfristig und strategisch zu planen.

Hildegunde Rech skizzierte die Herausforderungen für die hessische Stadt Wiesbaden. Dort habe die internationale Jugendarbeit viele Projekte bereichert. "Wir konzentrieren uns in Wiesbaden auf die benachteiligten Jugendlichen zwischen 14 und 20 Jahren", erklärte Rech. Und der Bedarf vor Ort ist gewaltig. 3200 Jugendliche lebten in Bildungsarmut, viele hätten nicht mal einen Hauptschulabschluss und seien ausgeschlossen von allem.

"Wir nehmen die in den Blick, denen es am schlechtesten geht.“ Und die Ziele sind ambitioniert. Seit 2014 versuche der Rat der Stadt, jedes Jahr 320 dieser Jugendlichen zu erreichen", so Rech. "Bislang sind wir zufrieden mit den Ergebnissen. Ein in der Stadt gegründetes Netzwerk hilft uns dabei", so die Referentin. "Wir wollen die Weltoffenheit in Wiesbaden fördern", erklärte Rech und räumt ein: "Ohne Partner in der Stadt geht so etwas nicht."

Fördertöpfe nutzen

Knapp 280.000 Einwohner hat Wiesbaden, doch auch kleinere Kommunen sagen "Ja" zu Europa. Beispiel: die Kommune Wurster Nordseeküste.

Anfang 2015 wurde die fast 17.000 Einwohner zählende Gemeinde im Landkreis Cuxhaven gegründet. "Wir profitieren sehr von Europa. Wir zapfen alle Fördertöpfe an, die uns weiterhelfen können", verriet der Erste Gemeinderat, Friedrich Bokeloh. Die Wurster Nordseeküste lebe vor allem eine Partnerschaft mit Frankreich sehr intensiv aus. "Uns liegt der Bürgeraustausch am Herzen", erzählte Bokeloh.

Überhaupt sei Europa in den Städten doch sehr präsent, hieß es einem Redebeitrag aus dem Publikum. Gemeint war die Stadt Köln mit rund 180 vertretenen Nationen. Das aber, so der Einwand, komme in den Medien "nicht so richtig rüber". Diskutiert wurde über die Frage, wie das gelebte Europa besser öffentlich gemacht werden könne. Ein Teilnehmer sprach von einer "Lückenpresse".

Nachvollziehbare Schlussfolgerungen, die aber auch zeigten, wie wenig vom Innenleben und den Mechanismen der Medienlandschaft bekannt sei, so ein anderer Teilnehmer.

Gelingensfaktoren für internationale Jugendarbeit

Hilfreich erschien vielen der 12-Punkte-Plan, mit dem Lauenburg in Schleswig-Holstein die internationale Jugendarbeit in der Stadt inzwischen fest verankert hat.

Danach müsse zunächst ein Motor identifiziert (1), die Wirkungen internationaler Jugendarbeit bekannt gemacht (2) und Entscheider gewonnen werden (3). Es folgten die Bildung eines Netzwerks (4) und eines Steuergremiums (5). Dann sollten ein lokaler Entwicklungsplan entworfen (6), Fachkräfte qualifiziert (7) und die Vernetzung nach außen getragen werden (8). Schließlich gehe es darum, den lokalen Entwicklungsplan und die darin beschriebenen Projekte umzusetzen (9), Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben (10), Projekte und Aktivitäten zu evaluieren (11) sowie nachhaltige Denkprozesse anzustoßen (12).

Viel Kraftanstrengungen für die Europäisierung lokaler Jugendarbeit, aber auch eine unter allen Teilnehmenden weit vertretene Erkenntnis: "Es lohnt sich, wenn man erst einmal damit angefangen hat."

(Marco Heuer für JUGEND für Europa)

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Weiterführende Informationen

"Kommunen sagen 'Ja' zu Europa" war eine gemeinsame Veranstaltung von Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) – Deutsche Sektion –, JUGEND für Europa – Nationale Agentur Erasmus+ JUGEND IN AKTION, Nationale Agentur Bildung für Europa beim Bundesinstitut für Berufsbildung, Kontaktstelle Deutschland "Europa für Bürgerinnen und Bürger" bei der Kulturpolitischen Gesellschaft e.V. (KS EfBB) und der Region Hannover.

Link: Das Projekt "EuropaLokal" von JUGEND für Europa will Wege für alle kommunalen Akteure aufzeigen, wie europäische Projekte trotz Schwierigkeiten realisiert und in das kommunale Angebotsspektrum der Jugendhilfe integriert werden können. Mehr dazu hier...

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