12.01.2018

Strategische Partnerschaft "Competendo": "Wer Partizipation in seinen Bildungsangeboten erlebbar machen will, wird bei uns fündig"

Logo von Competendo: Drei grüne Hände mit der Überschrift Tools for Facilitators"Competendo" startete 2015. Fünf Organisationen aus Deutschland, Polen, Bulgarien und Österreich wollen mit dem Projekt insbesondere Trainern und Pädagogen konkrete Methoden des kompetenzbasierten Lernens zugänglich machen. Hierfür stehen nun Handbücher und eine Online-Toolbox bereit. Nils-Eyk Zimmermann, Projektverantwortlicher bei MitOst e.V., stellt das Projekt im Interview vor.

Die Idee für die Zusammenarbeit an Competendo sei entstanden, weil es eine Lücke zwischen den Konzepten für kompetenzbasiertes Lernen und den Erfordernissen im weiten Feld der nicht-formalen Bildung (aber auch in der Schule) gebe, so erläutert Nils-Eyk Zimmermann den Ausgangspunkt des Projekts. Da die Konzepte für kompetenzbasiertes Lernen oft einer sehr strukturellen Logik folgten, seien sie für Trainer und Lehrer in ihren konkreten Kontexten häufig nicht flexibel anwendbar.

Mit Competendo wollen die Partner bessere Lernräume zur Ausbildung von bürgerschaftlichen Kompetenzen schaffen. "Den Akteuren, die an Rahmen und Konzepten arbeiten, wollen wir Feedback aus der Praxis geben, während wir den Praktikern europaweit und in allen Bildungsbereichen Tools und Instrumente an die Hand geben wollen, mit denen sie auf Basis des kompetenzbasiertes Lernens Bildungsangebote gestalten können."

So sei die Online-Toolbox www.competendo.net entstanden. "Aber weil Online-Tools für eine Verbreitung und Anwendung im Kontext oft unzureichend sind, haben wir eine Reihe von Handbüchern für Trainer und Pädagogen entwickelt", führt Zimmermann weiter an. "Anhand dieser Elemente treten wir sowohl in den Dialog mit Praktikern und Bildungsorganisationen wie auch mit politischen Entscheidungsträgern und Wissenschaftlern. Das übergeordnete Ziel unseres Projekts ist es, mehr Empathie füreinander zu ermöglichen."

Damit will Competendo letztendlich mehr Menschen ermöglichen, ihre Schlüsselkompetenzen zu entdecken und zu erleben: "Wir möchten ihnen näher bringen, dass sie selber aktiv sein und damit ihr Leben sowie die Gesellschaft erfolgreich gestalten können."

JUGEND für Europa: Herr Zimmermann, welche Herausforderungen sind Ihnen bei der Vorbereitung und Umsetzung Ihres Projektes begegnet?

Nils-Eyk Zimmermann: Die unterschiedlichen Erwartungen und Ziele miteinander in Einklang zu bringen, bildete eine große Herausforderung. Wir wollten eine echte Partnerschaft. So war es notwendig, eine tiefere gemeinsame Vision zu entwickeln: Wie soll sich unser Angebot anfühlen? Wen aus unseren verschiedenen Feldern sollen wir besonders beachten? Was sind unsere institutionellen Leidenschaften und was unsere persönlichen?

Darüber hinaus sind unsere  Handlungsfelder sehr unterschiedlich. So sprechen wir unterschiedlich über manche Dinge oder haben unterschiedliche Vorlieben. Wir bewegen uns in folgenden Tätigkeitsfeldern: Lernen in der Schule, Organisieren von größeren Community Events, non-formale Bildung mit Schwerpunkt auf Demokratiebildung oder Diversity Training und ein stärkerer Schwerpunkt auf Hochschulen.

JfE: Nun ist das Projekt weit fortgeschritten. Welche Mehrwerte ergeben sich für die Träger und Fachkräfte der Jugendarbeit?

Wir haben drei Themen gleichsam extrahieren können, von denen wir glauben, dass sie der Community nützen:

  • Das erste ist die Bedeutung von Initiative, von eigenverantwortlichem gesellschaftlichem Engagement für Civic Education, aber überhaupt für Lernprozesse. In unseren Handbüchern gehen wir sehr stark darauf ein.
  • Das zweite ist die Bedeutung von eher holistisch gedachten Lernprozessen, die konsequent das experimentelles Lernen und Empowerment in Planung und Durchführung mitdenken. Da bieten wir viele Methoden und Planungsinstrumenten an, die aus der Praxis kommen. Denn es sagt sich so einfach: Wir machen Empowerment. Aber wie gestalten wir als Facilitators einen Prozess unter realen Bedingungen so, dass auch die Lernenden sich 'empowered' fühlen?  
  • Die Haltung als Facilitator ist eine andere, als man sie aus vielen Schulen oder auch Jugendbildungsformaten kennt. Deshalb bieten wir viel an zur Facilitator-Haltung. Daneben aber auch Methoden und Planungsvorschläge, die eine solche ermöglichende Haltung begünstigen.

JfE: Wie fließt Europa in ihr Projekt ein? Was unterscheidet es von einem Projekt, das nur mit deutschen Partnern geführt wäre?

Wir gehen sehr stark von den vielfältigen europäischen Realitäten aus. Engagement ist in vielen Ländern nicht das Tüpfelchen auf dem Lebenslauf, wie es z.B. in Deutschland sein kann. Auch funktionieren Schulen anders. So mussten wir von Anfang an europäisch denken. Allerdings ist der deutsche Diskurs über Bildung sehr entwickelt. Deshalb haben wir hier schon viele Anregungen aufnehmen können.

Aber mich persönlich hat die Arbeit an Competendo zu einem immer weiteren Blick über den Tellerrand motiviert. Wollen wir nicht einmal mit Kollegen aus Asien darüber reden, was wichtige Schlüsselkompetenzen sind und was sie aus ihren Überlegungen als Konsequenzen für die Modernisierung von Bildung ziehen?

JfE: In ihrem Projekt geht es konkret um Vernetzung und Austausch von Inhalten zwischen Praktikern der Jugendarbeit. Wie erfolgt es konkret?  

Über die Toolbox und die Handbücher erhalten Trainer und Pädagogen praktische Inhalte, die sie nutzen können. Aber wir bieten ihnen auch an, ihre guten Materialien und Erfahrungen in Competendo einzubeziehen. Das wird oft sehr positiv wahrgenommen.

Viele machen tolle Sachen, aber niemand sagt ihnen: ‚Hey, ich habe deine Bücher runtergeladen, die sind echt gut.‘ Competendo ist in diesem Sinne ein Weg, Gutes zu teilen. Dabei fokussieren wir uns auf Themen wie Empowerment und aktive Bürgerschaft. Wer Partizipation in seinen Bildungsangeboten erlebbar machen will, wird bei uns fündig und findet Gleichgesinnte.

JfE: Aber gibt es Ihrer Ansicht nach nicht genug Methoden im Bereich 'Empowerment' oder für die Begleitung von Trainings? Wie ergänzt Ihre Arbeit bestehende Methoden?

Vieles ist aus der Sicht von Programmen oder Projekten entwickelt. Zum Beispiel: Für den Youthpass gibt es ein begleitendes Handbuch. Das Handbuch beschreibt Methoden und Ideen zur Anerkennung von individuellen Lernerfahrungen und Schlüsselkompetenzen, die auch für Leute von Nutzen sind, die den Youthpass selber nicht nutzen können. Um den Schatz zu heben, muss man ihn manchmal in einem neuen Kontext präsentieren und erklären. 

Außerdem geht es uns darum, dass Methoden und Haltungen zusammengedacht werden müssen. Wir haben nicht das Interesse, Masse zu erzeugen. Methoden kann man massenhaft finden, da muss man nur im Internet recherchieren. Aber mit welcher Haltung ich sie plane und anpasse, das ist eine andere Frage. Uns geht es also stark um die Methodenkompetenz der Trainer und Pädagogen. Idealerweise werden sie selbst kreativ und lernen, aus guten Methoden für ihren Kontext noch bessere zu entwickeln.

JfE: Warum ist es wichtig, Methoden im europäischen Kontext zu teilen?

Die Voraussetzungen und Interessen sind in Europa sehr verschieden. Methoden entfalten sich in verschiedenen Kontexten sehr unterschiedlich. Man müsste ein Buch machen über '100 Wege ein Brainstorming durchzuführen'. Dennoch glaubt jeder, dass es mit einer Beschreibung der Methode Brainstorming aus dem Internet getan wäre.

Nein – wirklich wertvoll ist, wenn Trainer und Pädagogen uns über den Kontext aufklären: Wie und mit welchem Ziel haben sie ein Brainstorming durchgeführt. Diese Vielfalt an Erfahrungen hineinzubringen ist viel Arbeit, aber da würden wir gerne hinkommen.

JfE: Welche Mehrwerte bietet Ihrer Meinung nach die Förderung von Strategischen Partnerschaften in Erasmus+ JUGEND IN AKTION?

Für uns ganz klar: Es gibt unseren Organisationen die Möglichkeit, unsere Qualitäten weiterzuentwickeln und miteinander am Thema zu lernen. Alle Partner kommen aus unterschiedlichen Feldern der Bildung, wir haben gemein, dass wir schon vorher die Idee kompetenzbasierten Lernens und von 'echtem' Empowerment von jungen Menschen stark vertreten. Aber die gemeinsame Arbeit ermöglicht ein vertieftes Verständnis und neue Verbindungen zu entdecken – zueinander, zu anderen Feldern oder Themen.

Darüber hinaus hat uns Competendo geholfen, unsere eigene Sichtbarkeit zu erhöhen. Und vor allem hat es uns die Möglichkeit eröffnet, über das Tagesgeschäft hinaus mit anderen europäischen Akteuren zusammenzukommen und tatsächlich von deren guten Ansätzen und Materialien zu lernen.

JfE: Wie ist die Resonanz bisher zu Ihrem Projekt gewesen?

Die Resonanz ist sehr positiv. Sowohl was die Gestaltung der Handbüchern und der Website betrifft, auch scheinen die Beschreibungen und die Inhalte selbst hilfreich zu sein. Wir kämpfen immer ein bisschen damit, sowohl der Komplexität von Themen und Ansätzen gerecht zu werden als auch der praktischen Relevanz. Trotzdem: Immer mehr Menschen fragen, ob sie bei den nächsten Büchern mit beitragen können...

JfE: Ist eine Übersetzung der Tools in weiteren Sprachen geplant?

Sie ist nicht geplant aber erwünscht. Dafür reichen unser Mittel und Kapazitäten momentan leider nicht aus.

JfE: Planen Sie weitere Projekte aufbauend auf Ihre Strategische Partnerschaft?

JA! Denn es hat uns sehr viel gebracht. Und außerdem wollen wir, dass Competendo als Plattform weiterleben und wachsen kann.

(JUGEND für Europa)

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Weiterführende Informationen

Link: Handbücher, das Online-Tool sowie weitere Informationen zum Projekt finden Sie unter: http://competendo.net/en/Main_Page 

Link: Das Projekt wird gefördert über die Leitaktion 2 „Strategische Partnerschaften“ des EU-Programms Erasmus+ JUGEND IN AKTION. Alle Informationen zu den Förderbedingungen finden Sie auf unserer Programmseite...

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