26.04.2015

"Abstimmen für den Youth-Take-Over Day"

Wie organisiert man europaweit einen "Youth Take-Over Day"? Also einen Tag, an dem Jugendliche in die Rolle von Entscheidungsträgern schlüpfen, um Partizipation einen sichtbaren Stellenwert zu geben? Mit dieser Frage haben sich 13 junge Menschen aus ganz Europa in einem "Idea Lab" in Bonn beschäftigt. Jetzt läuft die Abstimmung über die beste Idee.

Die 18-jährige Meike de Roest ist begeistert. Sie selbst hat sich schon länger mit dem Thema Partizipation beschäftigt. In der "Youth Company" berät sie Jugendliche, wie sie sich in ihrer eigenen Kommune stärker beteiligen können. Die Initiative zum "Youth Take-Over Day" könnte jetzt ihre Herzensangelegenheit werden.

"Ich kann mir gut vorstellen, dass es einem Jugendlichen gelingen kann, einen Entscheidungsträger an einem Tag zu ersetzen, vor allem, wenn eine Position gewählt wird, bei der es tatsächlich auch um das Thema Jugend geht", erklärt Meike de Roest. "Wichtig wäre es, dass der Erwachsene den Jugendlichen optimal auf den Übernahme-Tag vorbereitet und ihm auch währenddessen mit Rat und Tat zur Seite steht."

Idea Labs in ganz Europa

Zur Europäischen Jugendwoche 2015 (27.04. bis 10.05.) hatte die EU-Kommission dazu aufgerufen, Idea Labs in allen europäischen Ländern zu organisieren. Junge Menschen sollten ihre Idee entwicklen und mit maximal 300 Wörtern dafür werben.

Seit Samstag, 25. April, stellen sich die Ideen und damit auch der "Youth-Take-Over-Day" der europäischen Öffentlichkeit. Denn jetzt wird abgestimmt.

14 Tage lang präsentieren sich die Ergebnisse von über 30 Idea Labs auf dem Europäischen Jugendportal. Aus allen Idea Labs fährt in jedem Fall eine Person nach Brüssel und diskutiert die Vorschläge mit andere Jugendlichen und Politikern.

Mehr Rampenlicht für Partizipation

In der Bonner Ideenwerkstatt wurde heftig um Argumente gerungen. Und immer wieder um Formulierungen. Eine Herausforderung auch für SALTO-Trainer Martin Fischer aus Wien: "Einen EU-Vorschlag an einem Tag zu erarbeiten, der am Ende auch durchführbar ist, verlangt allen Teilnehmenden einiges ab. Die Gruppe steht aber super im Stoff. Wir können das Rad zwar nicht neu erfinden, einen Mehrwert soll es aber schon geben."

Hervorgegangen war die Idee aus dem multilateralen Kooperationsprojekt "Partizipation junger Menschen in einem demokratischen Europa" und der "Hear my voice!"-Konferenz, die im Oktober 2014 in Brüssel stattfand. "Es gibt zwar bereits viele Formate zum Thema Partizipation, ein so genannter Übernahme-Tag könnte ein sichtbares Zeichen der europäischen Politik werden, im Angesicht von Krise und Massenjugendarbeitslosigkeit stärker auf die Stimme der Jugendlichen zu hören", sagt Jochen Butt-Pośnik von JUGEND für Europa. "Es wäre wirklich mal was ganz Neues und gelebte Partizipation könnte ein bisschen Rampenlicht auch durchaus gut gebrauchen."

Von Großbritannien lernen

Erfahrungen mit dem "Youth Take-Over Day" gibt es bislang nur in Großbritannien. Der 22-jährige Jamie El-Kaleh aus Manchester hatte einmal als Teilnehmer die Rolle eines Entscheidungsträgers übernommen, ein andermal hat er das Projekt selbst organisiert. Aus seiner Sicht gibt es noch viel zu tun. "Ein Übernahme-Tag hat dann Erfolg, wenn wir es schaffen, die Initiative inklusiv zu denken. Wir müssen an die Jugendlichen herankommen, die es allein nicht schaffen würden, entsprechende Verantwortung in einer Gemeinde zu übernehmen."

El-Kaleh hat bereits konkrete Vorstellungen. "Ich glaube, dass sowohl die Jugendlichen als auch die Erwachsenen von so einem Übernahme-Tag profitieren könnten. Ich denke da beispielsweise an einen Abgeordneten in einer Kommune. Wenn so eine Person sich vornimmt, Politik zu machen, die näher an den Jugendlichen dran ist, dann könnte so ein Übernahme-Tag genau das richtige Instrument dafür sein. Der Erwachsene lernt auch vom Jugendlichen. Ein Perspektivwechsel also, der sich am Ende für beide Seiten lohnt."

Stärken und Schwächen analysieren

Was genau könnte einen "Youth Take-Over Day" ausmachen? Wie funktioniert er? Warum sollte man so etwas tun? Es waren Fragen wie diese, mit denen sich die Teilnehmenden der Ideenwerkstatt auseinandergesetzt haben. Dabei ging es auch immer wieder um mögliche Schwachstellen.

"Wir wollen uns dafür einsetzen, dass der Prozess gut evaluiert wird. Strukturierte Follow-Ups sind ebenso wichtig wie eine angemessene Vorbereitungszeit für die Jugendlichen", erklärt Raphael von Müller, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Centrum für angewandte Politikforschung in München arbeitet. Einig waren sich die Übernahmetags-Tüftler darin, dass der Fokus nicht auf einer reinen Arbeitsmarktorientierung liegen und ein geplantes Event nicht zu akademisch daherkommen dürfe. "Ziel wäre es, die türkische Gymnasiastin genauso mitzunehmen wie den belgischen Azubi," so Jochen Butt-Pośnik von JUGEND für Europa.

Um das zu erreichen, sollen vor allem lokale Medien, die am Übernahme-Tag von Jugendlichen geleitet werden, das Projekt sichtbar machen. Leitfäden für den Übernahme-Tag werden in verschiedenen Sprachen entwickelt. Durch edie Europäische Jugendwoche wird das Projekt in die breite Öffentlichkeit getragen.

(Marco Heuer für JUGEND für Europa)

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Der Film zum Projekt von der MedienWerkstatt Linden - mediacampus im Auftrag von JUGEND für Europa.

Originaltext der Idea Lab-Teilnehmer zum Nachlesen... (PDF-Dokument, 430kb)

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